53 Bericht 03

Bericht #3


Mittwoch, 23. August 2017

So, heute stimmt das Wort 'heute' endlich mal. Bis jetzt konnte ich keinen
Bericht schreiben vom gleichen Tag. Entweder hatten wir keinen Strom,
d.h. der PC war dann nicht zur Verfügung, oder es war einfach schon zu
spät oder ich war zu k.o.. Meine Erkältung will einfach nicht besser werden.
Nach dem Frühstück fahren wir nach Jasper, wo Ruedi nochmals volltankt.
Das Ungetüm säuft mächtig. -- Dann geht's los auf den Yellowhead Hwy
Richtung Westen. Die Fahrt führt uns am Miette River entlang, immer sanft
bergauf bis zum Yellowhead Pass. Leider weiss man nie genau, wann die
Passhöhe erreicht ist, da die Kanadier dies nie kundtun. Jedenfalls ist
dieser Pass nicht hoch, bloss  etwa 1'300 m oder so, hab die Karte grad
nicht zur Hand. Auf der andern Seite aber geht's lange hinunter, meist durch
dichten Tannen- Zedern- oder Mischwald. Ach, dabei kommt mir in den Sinn,
sowohl im Jasper als auch im Banff National Park sind enorm viele Bäume
kaputt, so, dass der Wald ziemlich hässlich aussieht. Die kranken Bäume sind
über lange Zeit rot und wenn sie dann wirklich tot sind, fallen die Nadeln
ab und es bleibt das Gerippe, was auch nicht schön ist. Scheinbar ist das
auch ein Grund dafür, dass die Waldbrände derart überhand nehmen konnten.
Für die kranken Bäume seien Käfer (bugs, vielleicht der Borkenkäfer?) schuld.
Und es werde nicht gespritzt, das müsste doch sein, haben uns Leute von hier
gesagt. Aber ich weiss nicht recht, wie und was soll denn gespritzt werden,
wenn tausende und abertausende Hektar Wald sind??
Das Wetter ist grau, ab und zu tropft oder regnet es. Wir kommen zum Mount
Robson Park. Der Mount Robson ist mit fast 4000m der höchste Berg der
Rockies. In diesem Park soll es sehr viele Tiere geben und ich habe mich
darauf gefreut, eine Nacht hier zu verbringen und hoffentlich etwas zu sehen.
Aber der Wetterbericht für morgen ist schlecht, der Berg hüllt sich in
Nebel, so dass nur der unterste Teil vom Gletscher zu sehen ist, und schon
der ist mega schön. Es müsste also ein Erlebnis sein, den Berg in seiner
ganzen Pracht zu sehen. So aber fahren wir weiter. Im Visitor Centre hat
man uns empfohlen, die 'Rearguard Falls' an zu schauen, also halten wir
an und machen uns auf die Socken. Um diese Jahreszeit sollen die Lachse
flussaufwärts unterwegs sein. Auch dieser Fall ist nicht sehr hoch, aber die
Strömung ist stark, so dass es doch ziemlich eindrücklich ist. Um Lachse
springen zu sehen, braucht es viel Geduld, aber da sind schon einige und
es ist wirklich verwunderlich, dass diese Fische derartige Wasserfälle
bewältigen können. Inzwischen ist das Wetter auch wieder ganz passabel,
so dass es angenehm ist, ein bisschen zu Fuss unterwegs zu sein.
Wir sind nun im breiten Fraser River Tal. Es ist sehr grün, Weiden und
Landwirtschaft herrschen vor. Rechts von uns sind die Rockies, links
die Caribou Berge, welche auch teilweise 3000m hoch sind. In Mac Bride
liegt der Beaverview CG direkt am Fraser River. Leider können wir den Fluss
nicht sehen, da Bäume die Sicht versperren. Ein Spaziergang am Fluss ist
auch nicht möglich, das das Ufer hinter dem Platz steil abfällt. Es windet
stark und der Himmel ist bedrohlich schwarz. Ruedi kocht einen feinen
Reiseintopf und nachher geniessen wir noch einen Bailey's und wollen
dann ins Bett. Allerdings muss Ruedi den Camper noch unter den Bäumen
wegfahren. Inzwischen stürmt es richtig und die Äste machen einen Saulärm.
Zudem befürchten wir, dass es vielleicht Kratzer oder sowas geben kann.



Donnerstag, 24. August 2017

In der Nacht hat's deftig gestürmt und geregnet und tut es auch noch am
Morgen. Heute hätten wir wirklich gerne so einen Camper, bei dem man nicht
hinaus muss, um fahren zu können, wie das bei unserem Truck Camper eben ist.
Und so müssen wir halt nach dem Frühstück durch den Regen nach vorne sausen.
Alles halb so wild. Unser nächstes Ziel ist Prince George. Unterwegs ist noch
der 'Ancient Forest'. Gemäss Dame im Mt Robson Visitor Centre ist das ein
sehr alter Wald mit über 1000jährigen Bäumen. Nach einer guten Stunde
erreichen wir den Parkplatz und wollen uns auf den Weg machen. Leider
fängt es genau jetzt wieder an zu regnen, was Ruedi ins Auto zurück treibt,
mich aber nicht daran hindert, mich doch auf den Weg zu machen. Und ich
werde dafür belohnt. Es ist ein märchenhafter Wald mit riesigen Zedern,
und einem fantastischen Unterwald, mit Farnen und anderen niedrigen Pflanzen,
deren Namen ich nicht weiss. Sträuche mit roten Beeren und (glaub ich)
Aaronstab, oder so was ähnliches, der ganze Boden ist mit Moos bedeckt,
auf dem man tief einsinkt. Meist ist der Weg aber ein Holzsteg, so dass
der Boden darunter nicht vertrampelt wird. Es ist schlichtweg fantastisch,
am liebsten würde ich noch ein paar Stunden hier umher wandern. Aber wir
haben ja noch ein Stück Weg vor uns. In Prince George versuchen wir Infos
über den von uns geplanten Weiterweg zu bekommen, aber die junge Frau
im Visitor Centre weiss gar nichs und scheint auch keine Lust zu haben,
sich schlau zu machen (ganz im Gegenteil zum V.C. gestern). Wir haben
keine Lust hier noch länger zu bleiben und beschliessen, bis Quesnel
weiter zu fahren. Kurz davor finden wir am Ten Mile Lake einen privaten
Camp Ground. Hier 'im Süden' ist das Wetter ziemlich sonnig. Unser Platz
liegt nur wenige Meter vom Ufer enfernt, aber es ist mir doch zu kühl
um noch ins Wasser zu steigen. Vermutlich ist das Wasser auch nicht wirklich
warm. Wir können aber waschen und machen noch einen Schwatz mit den Nachbarn,
die inzwischen von ihrem Fischerausflug zurück gekommen sind. Ein Ehepaar in
Ruedis Alter mit ihren 14- und 12jährigen Enkeln. Nach dem Nachtessen
sitzen wir noch an ihrem (Gas-)Feuer, (Holz verfeuern ist überall verboten
wegen der extremen Waldbrandgefahr) und plaudern. Die Leute sind von
Quesnel und sie sagen uns gerade aus, dass wir den vorgesehenen Weg
über Quesnel, Nazco nach Vanderhoof vergessen können. Ich hatte schon in
der Schweiz gesehen, dass die Strasse gesperrt ist, dachte aber, dass wir
vielleicht eine Ausweichmöglichkeit hätten. Hat es aber nicht und der
Waldbrand dort betrifft eine Fläche von tausenden Hektaren. Die Gegend ist
im Evakuationsstatus und die würden wohl nicht wollen, dass sich dort noch
irgendwelche blöden Touristen auf irgendwelchen Forststrassen herumtummeln.
Zudem wäre es wohl auch ziemlich rauchig. Dafür empfehlen die Leute
uns den Besuch in Barkerville, einer alten Goldgräberstadt im Stil von
Ballenberg. Ich hatte das auch schon als Alternative im Hinterkopf, nun
ist es klar. Irgendwann ist es uns zu kalt und wir verabschieden uns.



Freitag, 25. August 2017

Die Sonne weckt uns und nach dem Frühstück fahren wir los nach Quesnel.
Es soll dort im alten Gebäude der Hudson Bay Company einen Laden mit
lokalem Handwerk geben. Quesnel liegt am Fraser River und bis hierher
konnten die Goldgräber mit dem Schiff, bevor sie auf dem Landweg die gut
80km nach Barkerville zurücklegen mussten. Deshalb war die Hudson Bay
auch hier vertreten. Irgendwie habe ich mir irgend ein grosses Lagerhaus
vorgestellt und so suchen wir eine ganze zeitlang, bevor uns jemand erklärt,
dass es ein Holzhaus von der Grösse eines normalen Einfamilienhauses ist.
Im beschriebenen Laden gibt es wirklich allerhand schönes Kunsthandwerk.
Aber kaufen möchten wir doch nichts, also ab nach Barkerville. Das Wetter
ist wieder bedeckt, aber doch einigermassen warm. Unterwegs sehen wir
eine Elchkuh. Ich kann's nicht fassen, endlich so ein Viech, wo wir sonst
bestenfalls Streifenhörnchen zu Gesicht bekommen. Die Gegend ist wunderbar
grün und übersät mit Tümpeln, Weihern und Mooren. Halt so richtig,
wie sich das ein Elch wünscht.....
Kurz vor dem Ziel liegt Wells. Auch ein altes Dorf, aber richtig bewohnt
und hübsch anzuschauen. Im dortigen Internet Café verpulvern wir ein wenig Zeit.
Ruedi kann so einiges erledigen, was vorher nicht möglich war, weil die
Verbindung oder die Netzbreite lausig war. Ausserdem bekommen wir einen
guten Kaffee und die Leute dort drin sind einigermassen schräg. Passt irgendwie
nicht so zu diesem verschlafenen Kaff. Der anschliessende Besuch von
Barkerville ist wirklch interessant. Alles ist gepflegt, in einige Häuser
kann man hinein, bei andern kann man jeweils von Aussen die Zimmer, die
Zahnarztpraxis, die Apotheke oder den Saloon betrachten. In ein paar Geschäften
Bäckerei, General Store, Kleiderladen etc.) ist das Personal nach Mode von damals
gekleidet. In der Schule finden Lektionen statt, die Besucher werden
zu Schülern. Im hinteren Teil ist eine, fürr damalige Verhältnisse, grosse
Chinatown. In Kanada, vor allem in British Columbia, gabs sehr viele
Chinesen. Warum das so war, weiss ich nicht mehr genau, hab' das vor
3 Jahren schon mal gelesen, aber wieder vergessen. Jedenfalls wurden sie
ziemlich schlecht behandelt. In den Goldgräberstädten mussten sie
schlecht bezahlte, gefährliche Arbeiten erledigen. Wenn jemand mehr wissen
möchte, Google weiss sicher mehr darüber.....
Irgendwann sind wir müde und können auch nicht mehr aufnehmen. Auf dem
Rückweg nach Quesnel beschliessen wir spontan, das wir in Wells nachtessen.
Ruedi geniesst einen Hamburger und ich bestellen mir eine Farmer's Pie, die
sich als 'hachis parmentier' präsentiert, d.h. Gehacktes bedeckt mit
Kartoffelstock und im Ofen überbacken. Beides sehr gut. Auch dieses
Lokal ist speziell. Ein Teil ist General Store, ein Teil Restaurant und
Bar mit einer Bühne, wo wohl Life Musik geboten wird. Keine Fenster,
dafür umso mehr Aircondition. Aber irgendwie eine gemütliche Atmosphäre.
Wir fahren zurück zum Ten Mile Lake, aber dieses Mal auf den C.G. des
Provicial Park. Der Abend ist mild und wir können nach dem Znacht noch
einen Absacker draussen trinken. Die untergegangene Sonne zaubert noch
lange wunderbare Farben an den Himmel.



Samstag, 26. August 2017

Ein grauer Himmel erwartet uns heute morgen und einmal mehr müssen wir
unser Häuschen erst heizen, damit wir gemütlich 'zmörgele' können.
Bis wir losfahren regnet es schon, aber in Prince George ist es wieder
trocken. In einem meiner ergatterten Prospekte lese ich, dass immer
am Samstag ein Farmer's Market statt findet. Super, das lassen wir uns
nicht entgehen. Als wir ankommen, ist gerade eine Zumba Veranstaltung oder
so was Ähnliches im Gange. Zumba für alle, d.h. 2 Damen turnen vor, die
Menge, natürlich weiblich, turnt, hüpft, schüttelt nach. He, da ist doch
tatsächlich ein Mann dabei, so etwa in meinem Alter und leicht überfordert
vom Tempo und den Bewegungen, aber immerhin, er macht mit. Tolle Stimmung
und die Vorturnerinnen sind mal keine Hungertürme, sondern Frauen mit Formen.
Das ist sympathisch.
Auf dem Markt hat es viele Stände mit selbstgemachtem Kunsthandwerk
nebst Gemüse und Früchten. Als wir uns am ersten Stand über die schönen
Tomaten freuen, kommt der Standbesitzer her und erklärt uns in breitestem
Berndeutsch, dass die eben nicht nur schön, sondern vor allem gut seien.
Er und seine Frau seien schon seit über 20 Jahren hier in der Gegend.
Wir können uns, wie immer auf dem Markt, kaum satt sehen, möchten noch
das und jenes und haben am Schluss eine prall gefüllte Tasche mit schönsten
Früchten, Salat und Gemüse. Hier gibt es definitiv die besten Nektarinen.
Das haben wir schon vor 3 Jahren gelernt. Auch wenn sie sich beim Kauf noch
hart anfühlen, spätestens nach 2 Tagen sind sie genau richtig. Saftig,
aromatisch und der Stein kann problemlos gelöst werden. Schade, dass das
bei uns zu Hause nicht so ist. Die paar Mal, wo wir in Lörrach auf dem
Markt lokale Nektarinen bekommen, sind viel zu selten.
Zufrieden machen wir uns wieder auf den Weg, aber schon kurze Zeit später,
am Stadtrand, muss Ruedi für mich eine Runde zurück fahren. Ich habe
ein Geschäft gesehen, in das ich unbedingt hinein muss. 'The real Canadian
Supermarket'. Ich weiss nicht genau, was das ist, aber ich muss es sehen.
Es stellt sich heraus, dass es in etwa ein 'Mega-Carrefour' ist, bloss noch
eine Nummer grösser. Wow, was da alles angeboten wird. Verrückt. Aber etwas
ist toll. Sämtliche Nüsse und Nüssli, diverse Sorten Mehl, Reis, Hülsenfrüchte,
getrocknete Früchte, Süssigkeiten, Salzstängeli!! Bouillonpulver, etc. etc.
werden in grossen Behältern offen angeboten und man kann genau so viel
abpacken, wie man braucht. D.h. ich habe 200g Reis gekauft. Ist doch genial..
Gut, nun geht's wirklich weiter. Je weiter wir nach Westen fahren, umso
dunstiger wird es. Es ist aber kein Dunst, sondern der Rauch vom Waldbrand,
der genau südlich von uns tobt. Man kann es auch riechen und als wir in
Vanderhoof anhalten, brennen uns die Augen. Spätestens jetzt ist klar,
dass die Reise unterdurch wirklich nicht möglich gewesen wäre. Weil ich
in Prince George noch einen Ersatz für das doofe Leintuch von unserem Bett
(zu klein, deckt kaum richtig die Matratze ab) gefunden habe, suchen wir
hier noch den Waschalon auf, damit ich das neue erst waschen kann, bevor
ich es benutzen kann. Es stinkt ziemlich nach neu und Geschäft. Während
der Waschzeit kommen wir ins Gespräch mit einem Mann von hier. Er ist
67, fährt so einen Holztruck (das sind 74Tönner und über 30m lang) und will
das auch noch 10 Jahre lang machen. Er sei gesund und er kenne genug
Leute, die mit 65 pensioniert wurden, und mit 66 vor Langeweile
gestorben seien. Na ja, jedem das Seine. Aber es war eine interessante
Begegnung. Nachdem die Wäsche dann endlich trocken ist, machen wir uns
wieder auf den Weg. Am Westende de Fraser Lake biegen wir von unserem
Highway ab und fahren an den Lake François. Hier finden wir den Nithi CG.
Und wie werden wir begrüsst bei der Anmeldung? Auf luzernerisch.
Schon wieder ein Schweizer, der hier ein Geschäft hat. Auch hier sind
wir direkt am Seeufer, aber es ist ziemlich kühl und das Wasser fühlt
sich kalt an, also wieder nichts mit Schwimmen. Schade. Dafür machen
wir noch einen kurzen Spaziergang. Der Mann an der Anmeldung hat uns
gesagt, hier sei immer mal wieder ein Bär unterwegs, wir sollen doch
mal die Strasse hoch gehen. Haben wir getan, aber natürlich war da kein
Bär, wir müssen also weiter warten.
Zum Znacht gibt's einen Kartoffel-Rüebli-Ärbsli-Würschtli-Eintopf und
marktfrischen Salat. Wunderbar.
Jetzt ist es Mitternacht und die Berichte vom 23. bis heute sind geschrieben.
Puuuuhhhh....

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