59 Bericht 011

9. 9.2025 Quesnel nach Lac La Hache

Heute ausschlafen bis acht Uhr, zum Frühstück Bagels etc., aufräumen,
und vor der Abfahrt noch ein Schwatz mit dem Besitzer. Was der alles 
gemacht hat in seinem immer noch jungen Leben, unglaublich. Dazu ist er
fünffacher Vater und siebenfacher Grossvater. Der hat was auf dem 
Kasten, ist aber völlig bodenständig, aufgestellt und tut, was er tut
mit möglichst viel Spass. Die Wintermonate verbringt er mit seiner
Frau in Mexico an der Sonne. Na ja, lieber er als ich, darum beneide
ich ihn überhaupt nicht. Er erzählt noch, dass es auf seinem Areal eine
Fuchsmutter mit zwei Welpen hat, ein Rothalsspechtpaar und im Quartier lebt
eine Bärin mit ihren zwei Jungen. Sie kommt scheinbar nicht auf den
Camping, streift aber im Wohngebiet durch die Gärten, denn da hat's
Apfel- und andere Fruchtbäume. Leider zeigen sich alle nicht. Einen
Helmspecht habe ich aber vorgestern in Prince George am Nachmittag im 
Park gesehen. Der ist riesig, ein Stück grösser als unser Grünspecht.
Zurück in Quesnel fahren wir zum Visitor Center, das gestern geschlossen
war. Da soll es nämlich tolle T-Shirts und andere schöne Geschenke
geben. Ein gutes Museum gehöre auch dazu. Wie wir hinein kommen und
den kleinen Giftshop sehen, ist mir völlig klar, hier waren wir vor
8 Jahren, auch im Museum. Wir kaufen tüchtig ein, verzichten aber auf
das Museum und erstehen dafür im Liquorshop noch 4 Flaschen Rosé, 3 die 
Ruedi schon kennt (Pays d'Oc) und eine, deren Etikette mir gefällt und 
der Wein stammt aus den Cevennen, das passt doch auch, hihi. Nun
ab auf den Hwy 97, Cariboo Hwy, auf dem wir seit Prince George sind.
Wir werden vom Fraser River begleitet. Breit und blaugrau fliesst er mit
breiten Kies-, ab und zu Sandufern. Er scheint ganz gemächlich unterwegs
zu sein, bis dort, wo wir auf einem Schild lesen, dass die Raddampfer
damals ab dieser Stelle flussaufwärts fahren konnten, flussabwärts,
und das sieht man auch von oben, wird der Fluss schmaler und entsprechend
schneller. Die Ufer sind nun meist sehr steil, oft 100, 150 m hoch
und ab und zu sieht man kleine Stromschnellen. Klar, kein Wildwasser,
jedenfalls nicht hier, aber er zieht nun mächtig. Irgendwann sehen wir
eine Strasse, die hinunter geht und dort ganz nahe am Fluss verläuft.
Wir sind ja schon lange kein 'Drecksträsschen' mehr gefahren, also ab
auf die Piste. Teilweise ist es sehr steil, aber nie so, dass ich über-
legen muss, ob ich aussteigen soll ... Wir sehen, dass auf der anderen
Seite des Fraser auch eine Strasse  geht, aber es gibt keine Brücke.
Hinter uns ziehen wir eine Staubfahne her, aber da keine andern Autos
unterwegs sind, stört das niemanden. Nach einigen Kilometern führt ein
Abzweiger mit Namen Ferry Road ganz an den Fluss hinunter. Da müssen wir
natürlich hin, wäre ja schade, wenn wir eine Fähre verpassen würden.
Aber das ist natürlich 'tempi passati', man sieht einfach noch, dass da
mal etwas war. Neben der Strasse hat es ein hübsches Haus mit Nebenbauten,
einem schönen Garten, 3 (saubere) Autos stehen davor. War wohl mal das
Fährhaus. Was für eine schöne Lage, aber mehr als 10 km ruppige, wellblech-
artige Strasse, nur um mal an den Highway zu kommen, von Läden, Tank-
stellen oder anderen nützlichen Institutionen nicht zu sprechen, nein
das wäre nichts für mich. Aber hier sind ja soooo viele Leute, die eben
genau diese Abgeschiedenheit suchen und geniessen. Jedem das seine...
Während dieser ganzen Fahrt werden wir von den Gleisen der Kanadischen Bahn
begleitet. Wir mutmassen, dass hier keine Farmer waren vorher, sondern 
die kamen, als die Strasse gebaut wurde, damit die Eisenbahn gebaut 
werden konnte. Jedenfalls ist diese Rüttelfahrt sehr interessant und
abwechslungsreich und dafür nehmen wir den Staub halt in Kauf. Zudem, 
in Williams Lake gibt es bestimmt auch eine Waschanlage für grosse
Fahrzeuge. Und so ist es auch. Bevor wir richtig in die Stadt kommen,
kann Ruedi die Kutsche abspritzen, so dass wir manierlich ins Zentrum
fahren. Williams Lake bietet nichts besonderes. Ich habe Lust, eine
Kleinigkeit zu essen, es ist schon halb vier und seit dem Frühstück
gab es nichts zu knabbern. Wir finden ein Lokal, das auch Kleinigkeiten
anbietet, aber nachdem Ruedi die Karte studiert hat, ist bei ihm der
grosse Hunger ausgebrochen. Er bestellt Pasta mit Rindsfiletstreifen 
an einer Pfeffersauce und ich einen Cesars Salat mit einem Lachssteak.
So fein, das habe ich mir schon lange gewünscht. Auch Ruedi ist zufrieden
und mit vollen Bäuchen tippeln wir zum Camper zurück und schauen, wo wir
übernachten könnten. Aber es gibt nur einen kommunalen CG unter der
Autobahn, nicht sexy. Alles was sonst noch einigermassen in der Nähe ist,
stellt sich als Mobilhome Parks heraus. Also diese riesigen mobilen Häuser,
die jeweils halbiert von einem Standort an einen andern transportiert
werden, als überdimensionierte Laster mit hinten und vorne einem Convoi-
Fahrzeug. Also kein Platz um mit einem Camper eine Nacht zu verbringen.
Beim 3. Versuch, diesmal auf einem weiter entfernten CG, heisst es, 
leider ausgebucht, aber die nette Dame, empfiehlt uns einen Platz,
der zwar relativ weit im Süden liegt, aber an unserer morgigen Strecke.
Sie ruft extra für uns an, und so landen wir gegen sechs Uhr im Crystal
Springs Resort am Lac la Hache. Warum der französische Namen, wenn doch
eh keiner hier französisch kann. Das muss ich morgen mal nachfragen.
Nachdem wir den ganzen Tag keine Sonne gesehen haben wegen des Rauchs,
der alles vernebelt, kommt sie nun rotgold zum Vorschein und versinkt
dann mit goldigem Schein auf dem See hinter den Hügeln. Wir bleiben noch
ein wenig draussen und lesen, dazu für mich einen Schluck Cabot Trail, 
Maple Cream (habe als Ferienabsacker von Baileys auf die kanadische
Version davon umgestellt). Wenn schon an jedem zweiten Geschäft in 
grossen Lettern steht 'Canadian owned and ......' oder drinnen 'made' 
oder 'grown' oder 'manufactured' in Canada, 'buy Canadian' das und das
etc., da muss ich doch auch mein Teil dazu beisteuern, hahaha. Aber mir
schmeckt sowohl das eine wie das andere. Ruedi trinkt ein Glas Rosé.
Nachtessen brauchen wir beide keines nach der opulenten 'Kleinigkeit'
um vier. Als es uns zu kalt wird, verlagern wir uns ins Innere und
bald hat der Abend ein Ende. 
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