58 Bericht 010

58 Reiseberichte

2024 Patagonien

Reisebericht Nr. 10


21. 2.2024 Petrohue nach Cochamó

Gabriel, der Junge, der die Bootsfahrt mit uns machen wird, hat uns Regen für heute prognostiziert, und der Osorno trägt einen Kragen, aber schlecht sieht es vorerst mal nicht aus. Bis wir das Frühstück vor uns haben, dauert es zwar eine Weile, aber dann werden wir überrascht mit einem wunderbaren Rührei im Pfännchen und zwar jeder eins. Schmeckt super, dazu die üblichen Brötchen. Die sind einfach wie sie sind, nicht besonders schmackhaft und dafür sehr brösmelig. Es hat auch für jeden eine Schüsselchen Vanillejoghurt und geröstete Haferflocken, die von Ruedi landen bei mir :-). Gepackt haben wir schon vorher alles, so dass wir pünktlich um halb 10 bereit stehen. Bloss der Gabriel fehlt noch. Unten am Steg warten auch die Leuchtturmserviceleute, die im Hostal untergebracht sind. Die müssen auch über den Fluss. Wir wollen schon ablegen, da kommt noch ein Funk, dass der Chef auch mitkäme, also wieder warten. Es ist schon halb 11, als wir drüben anlegen. Wir müssen unser Zeug ins Auto bringen und Ruedi braucht noch seine winddichte Jacke, denn es könnte doch frisch werden. Anscheinend will der Chef selbst fahren und Gabriel ist quasi unser Reiseführer. Wir fahren alles in Ufernähe, immer wieder bekommen wir Erklärungen, und wir geniessen einfach diese tolle Aussicht, die schöne grünblaue Farbe des Wassers und wundern uns was es so alles für Leute gibt, die an diesem nur mit Boot oder Heli zugänglichen Ufer, ein Haus, eine Villa oder gar mehrere Häuser, mit enormem Umschwung, besitzen. Einer der reichsten Männer Chiles hat hier ein schwimmendes Haus, wie uns Gabriel fast ehrfürchtig erzählt und dann auch zeigt. Uns wundert das nicht so, wir sind das von Kanada gewohnt. Und dort sind es nicht grad die Bonzen, sondern eher Aussteiger, die so was besitzen, jeweils mit schönen Gärten auf dem 'Floss'. Aber das müssen wir ja nicht erzählen. Nach schon fast einer Stunde Fahrzeit kehren wir um und fahren jetzt direkt und mit ziemlich Tempo retour ans Ufer, wo unser Auto wartet. Wir verabschieden uns und tippeln durch die Vulkanasche zum Parkplatz. Ziemlich anstrengend. Nach kurzer Zeit sind wir flussabwärts unterwegs. Am Salto des Petrohue rauschen wir auch jetzt vorbei, es herrscht schon wieder ein unsäglicher Rummel am Eingang. Da war unsere Bootsfahrt doch ein viel schöneres Erlebnis. Die Fahrt geht weiter Richtung Süden bis ins Valle Cachamó. Dort wartet ein Bed and Breakfast mit Solarstrom und nur mit Finken zu betreten auf uns. Aber zuerst kaufen wir noch ein paar Früchte in Ensenada und trinken noch einen Kaffee in einer Panaderia, die aber bloss Kuchen und Torten verkauft und dann noch Empanadas. Ruedi hat Lust darauf, für mich gibt es ein Stück Süsses. Danach verabschieden wir uns vom Osorno, der sich inzwischen fast völlig hinter Wolken versteckt. Auch sonst hat sich das Wetter verschlechtert. Aber als wir in Cachamó eintreffen, sieht es immer noch so aus, als ob ich noch im Fluss baden könnte. Allerdings haben wir zuerst eine Enttäuschung zu verdauen. Das Zimmer ist nicht so wie wir uns das vorgestellt haben und wir versuchen aus der Buchung raus zu kommen. Wir finden aber nichts anderes und machen mit der Besitzerin einen Deal. Wir bleiben für eine Nacht, die zweite können wir gratis stornieren. Nun gehen wir noch runter zum Fluss. Ich weiss nicht recht, wo ich da hinein soll. Ich muss ziemlich weit über Steine laufen, und dann ist das Wasser aber so seicht, dass es nicht für ein Bad reicht. Also wieder zurück und etwas weiter oben, hat es dann doch eine Stelle, die etwas tiefer ist. Das Wasser ist auber saukalt und es gibt einfach ein verlängertes Eintauchen, dann retour ins Zimmer. Nun fängt es an zu regnen, und zwar ganz schön heftig. im Haus gibt es noch ein zweites Zimmer, dort sind zwei junge Frauen drin, die mit ÖV und Rucksack unterwegs sind. Sie bleiben oben, haben eine Flasche Wein geöffnet und hocken auf der Veranda unter dem Vordach, während wir ins Auto steigen und ins Kaff unten an der grossen Strasse fahren. Wir finden ein kleines Restaurant, das für Ruedi ein Stück Rinderfilet und für mich ein Seehechtfilet anbietet. Es schmeckt tiptop und so machen wir uns etwas später mit vollen Bäuchen wieder auf den Weg zu unserer Unterkunft. Es regnet heftig, der WLAN ist abgestellt, also ab ins Bett.
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22. 2.2024 Von Cochamó nach Quillaipe

Es hat die ganze Nacht geregnet. Wir haben mit Paula abgemacht, dass wir um 9 Uhr frühstücken wollen. Ich habe ziemlich schlecht geschlafen. So ein 140cm-Bett ist einfach nichts für Ruedi und mich. Hier gibt es nicht einfach eine Daunenendecke. Hier wird mit einem Leintuch, darüber 1 bis 3 Wolldecken und dann noch 1 oder 2 nicht so dicke, aber meist sauschwere Steppdecken darüber, geschlafen. Hier war die eine Steppdecke gerade extrem schwer, da wirst Du erdrückt und kannst die Beine kaum mehr bewegen. Also weg damit, aber mit dem Rest ist es auch nicht wirklich toll. Wenn es für Ruedi langsam angenehm wird mit Decke etc. bin ich schon am Schwitzen. Tja, so war es halt. Schon um halb 9 steht Paula im Gemeinschaftsraum und bereitet in der kleinen Küche, die nur von ihr benutzt wird, das Frühstück zu. Auch hier bekommen wir ein gutes Rührei, dazu selbst gebackene Brötchen, Käse und Komfi. Der Regen hat nun aufgehört, aber es ist ziemlich kalt und verhangen. Wir räumen unser Zeug zusammen und verabschieden uns. Ich habe, wahrscheinlich vor 2 Tagen ganz schön viele Mückenstiche eingefangen, die machen richtig grosse Pusteln und beissen mächtig. Paula hat mir eine Salbe gegeben, die echt gut genützt hat. Sie meint, wir bekommen die in der Apotheke unten im Dorf. Also fahren wir erst ins Dorf und suchen die Apotheke. Es ist ein kleiner Container, und die Salbe gibt es natürlich nicht. Also wieder in die andere Richtung und alles dem Meeresarm entlang, an dem wir schon gestern ein Stück unterwegs waren. In Puelo gibt es ein Centro de Salud, ziemlich gross. Also versuche ich hier auch noch mein Glück und frage an der Rezeption, ob sie eine Apotheke führen. Die etwas gelangweilten Damen erklären mir, dass es sehr wohl eine gibt, aber dass es da nichts verkauft wird. Aber ich könne noch in die Urgencia, dort wird verkauft. Also nichts wie hin. Dort wollen sie, dass ich auf den Schragen liege, damit sie sich das anschauen könnte. Und nein, so eine Salbe hätten sie nicht im Angebot. Ich lehne die Liege dankend ab und marschiere wieder hinaus. Sehr umständlich und sehr ineffizient. Bin froh, dass ich nicht dringend medizinische Betreuung brauche. Das lief damals bei Ruedi, als er so extremes Nasenbluten hatte, ganz anders. Egal, wir sitzen wieder ins Auto und fahren weiter. Die geteerte Strasse ist zu Ende und wir werden wieder einmal durch geschüttelt. Wir fahren über diverse abenteuerlich aussehende Brücken. Mal steht 12 ton, mal 18 ton, es kann auch 25 ton heissen. Irgendwann fährt vor uns so ein richtig schweres Gefährt, wohl ein 40-Tönner. Der rumpelt seelenruhig über die 12 ton-Brücke. Für mich etwas gewöhnungsbedürftig, aber die Brücke hat gehalten und auch wir sind problemlos drüber gefahren. Nach einiger Zeit kommen wir nach Caleta Puelche, wo schon eine Schlange von Autos auf die Fähre wartet. Wir sehen nicht wie lange die Schlange ist, aber es kann nicht so schlimm sein. Jedenfalls kommen uns schon bald die ersten Autos entgegen, das heisst, die Fähre ist hier und bald werden wir auch drauf sein. Auf der andern Seite ist wieder geteerte Strasse angesagt und nach einigen weiteren Kilometern finden wir ein Restaurant, das soeben neu aufgegangen ist. Nebenan ist die Panaderia und so bestellen wir einen Kaffee und dazu wieder einmal ein Stück Himbeerkuchen. Schmeckt gut und wir plaudern dazu mit der Serviertochter (mir gehen die politically korrekten Wörter aus), die aus Kolumbien stammt. Sie stellt viele Fragen und es ist klar, dass sie keine Ahnung hat, was man unter Europa versteht. Dass in jedem Land eine andere Sprache gesprochen wird, ist für sie völlig neu und schwierig vorzustellen. Ja, es gibt schon viele Menschen, die keine Ahnung haben, wie es denn auf anderen Kontinenten ist. Nach einer Weile machen wir uns an die letzten Kilometer um unser nächstes Domizil zu erreichen. Es ist schnell gefunden, wir werden von der Besitzerin begrüsst und sie zeigt uns das kleine Appartement. Eine Stube mit Küche, daneben ein Schlaf- und ein Badezimmer. Es wäre eigentlich geräumig, aber völlig voll gestellt mit Schnickschnack, so dass es keine Abstellflächen gibt. Koffer auf dem Boden, das Bett müssen wir von diversen Kissen und Decken befreien, den Plunder stellen wir in die Küche, wo wir eh nich kochen werden und auch das Badezimmer müssen wir von irgendwelchen Plastikblümchen befreien, damit wir unser Zeug irgendwo hin stellen können. Was denkt sich die Dame wohl? Gut, wir sind für 2 Nächte hier, wir werden es überleben. Zum Nachtessen fahren wir in ein nahe gelegenes Restaurant, das uns die Dame empfohlen hat. Und es ist tatsächlich sehr gut. Ausser uns, sitzt nun noch am Nebentisch ein Paar, sonst ist es leer. Der Kellner ist gut und freundlich. Wir bestellen eine Portion runde Ravioli mit Fleischfüllung und einer ausgezeichneten Champignonsauce und dazu einen Salat. Das genügt für beide. Ich frage, warum es nirgends 'Pebre' gibt. Die beiden letzten Male, stand das meist sofort auf dem Tisch, wenn wir in ein Restaurant kamen. Sehr klein gewürfelte Tomaten, ebenso klein gewürfelte Peperoni und Zwiebel, mit Zitronensaft und viel Koriander und einer speziellen, ziemlich scharfen Sauce angerichtet. Er meint, das gäbe es doch vor allem in Zentralchile, aber wir waren ja immer nur im Süden. Jedenfalls bringt er mit dem Essen dann auch noch ein Schüsselchen supergutes Pebre. Das sei Geschenk des Hauses. So toll. Ach ja, neben dem Restaurant ist noch ein kleiner Laden, wo wir vorher noch ein Brötchen, Butter und 3 Eier gekauft haben, damit wir für morgen etwas zum Frühstück haben. So können wir jetzt ohne Sorgen in unser überladenes Appartement fahren und uns auf den nächsten Tag freuen, der uns schönes Wetter bringen soll.
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23. 2.2024 Ausflug in den Nationalpark Los Alerces

Ein schöner Tag kündigt sich an. Also duschen, und dann Frühstück machen. An sich ist alles vorhanden, aber alles scheint ein bisschen schmierig, also erst abwaschen. Ich habe tatsächlich Enteneier gekauft. Sie waren zwar mit 'pata' angeschrieben, aber ich glaubte es nicht, denn sie waren nicht grösser, also grosse Hühnereier und als Kind hatten wir mal von einem Bauern Enteneier bekommen, und ich habe sie als sehr gross in Erinnerung. Egal, die Schale ist ganz anders, und als ich sie verrühre, ist das Gemisch sehr gelb. Ruedi hat den Wasserkocher gesäubert und wir kochen Wasser aus der Flasche. Die Besitzerin hat zwar gesagt, wir könnten Hahnenwasser benützen, es sei dann ja gekocht, aber mir 'gruust' das. Aus dem Hahn kommt Flusswasser, und zwar ziemlich braun. Die Leute hier trinken es, sie sind sich das gewohnt. Aber zum so trinken, haben wir 2 Flaschen Wasser bekommen. Ruedi toastet die Brötchen, ich mache das Rührei und wir geniessen unser Frühstück. Dann fahren wir wieder ein Stück dem Meer entlang zurück und nehmen das Strässchen, das zum Los Alerces führt. Am Strassenrand stehen schon massenhaft Autos, und wir befürchten, dass wir beim Eingang selbst keinen Parkplatz finden. Aber wir können gleich dort parkieren. Der Eintritt für chilenische Senioren und Jugendliche ist gratis, für die ausländischen kostet er vier Franken. Der Weg ist erst mal sehr uneben, weil Felsen und grosse Steine herausschauen, später ist es Waldboden, mit Wurzelwerk. Es heisst also gut schauen, dass man nicht stolpert. Wir ist fast immer schattig, weiter hinten sind wir im ziemlich dichten Wald. Und was für ein Wald, fantastisch, wild, urwaldmässig. Meterhohe Farne, dutzende verschiedene Moosarten an den Baumstämmen und vor allem die liegenden toten Bäume mit überwuchert davon, es wachsen auch aller Art Pflanzen darauf, oder auch neue Bäume. Wir müssen immer wieder anhalten und staunen. Immer wieder läuft irgendwo Wasser über felsige Abhänge, Wassergräben säumen den Weg, darin quakt es wild. Die Frösche hier sind wohl mit den Buschmenschen der Kalahari verwandt, denn sie quaken nicht nur sondern sie verwenden auch Klicklaute. Es ist lustig zum zuhören, aber leider zeigen sie sich nicht, obwohl wir immer wieder angestrengt in die Gräben schauen. Ab und zu ruft der Chucao, ein Winzling, unseren Rotkehlchen ähnlich aber mit einem sehr lauten Ruf, der ein bisschen dem der Amsel gleicht, wenn sie reklamiert. Ja, es ist wirklich toll, hier zu wandern. Ruedi ist warm angezogen, ich brauche bloss mein Baumwolljäggli und als die Sonne höher steht, ist mir auch damit zu warm. Der Weg zieht sich, es sind bloss vier Kilometer, aber wir brauchen fast zwei Stunden bis zum Wasserfall. Erstens müssen wir immer wieder fotografieren, ich mehr als Ruedi, und wir müssen schauen, staunen und mögen nicht einfach 'dureseggle'. Aber dann sind wir am Wasserfall, er ist nicht enorm hoch, aber es hat richtig viel Wasser, das sich tosend über und zwischen den Felsen durch hinunter stürzt. Toll. Nach einer Weile gehen wir weiter. Nun wird es steil und wir müssen mehrere Treppen hoch steigen, dann kommt eine weiter Plattform, und wir können die ca. 3000 Jahre alte Alerce, patagonische Zypresse. Riesig, mächtig, mit fantastischer Rinde, grandios. Der Baum ist eingezäunt. Vermutlich würden im die vielen Umarmungen, die es garantiert gäbe, Schaden zufügen. Zudem gibt es wohl auch Idioten, die sich mit Herzchen etc. hier verewigen müssten. Ja, das ist ein wirklich toller Ort. Nun wird es aber langsam sehr belebt. Ganze Herden sind auf den Treppen unterwegs. Zum Glück waren wir schon um 11 Uhr am Parkeingang. Die Ruhe und das Gefühl, fast alleine unterwegs zu sein, war einfach schön. Glücklich machen wir uns auf den Rückweg und müssen auch jetzt immer wieder anhalten und staunen. Und, das müssen wir zugeben, jetzt brauchen wir auch ein paar Pausen, denn wir werden langsam müde und ich spüre meine Füsse. Aber wir haben ja viel Zeit und es ist einfach nur fantastisch. Nicht zuletzt sind wir auch glücklich, dass wir das überhaupt machen können. Wir waren vor acht Jahren hier, und haben dann gerade mal die kleine Runde beim Parkeingang, die eine gute halbe Stunde dauert, geschafft. Mehr lag damals für Ruedi nicht drin. Jetzt, mit bald 80, schafft er das problemlos, das ist einfach ein riesiges Geschenk und ein Grund zum dankbar sein. Und wir sind es tausendfach. Den Rückweg nach Quillaipe unterbrechen wir mit einem Kaffeehalt und später schreibe ich noch den gestrigen Bericht. Gegen halb acht fahren wir nochmals zum gleichen Restaurant wie gestern, wo wir nochmals einen Mojito geniessen, dann zusammen ein wunderbares Lomo (Lendenstück) mit Kartoffeln teilen und mit einem Espresso abschliessen. Was für ein wunderschöner Tag liegt hinter uns, wohl einer der schönsten auf dieser Reise.
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