58 Bericht 005

58 Reiseberichte

2024 Patagonien

Reisebericht Nr. 5

5. 2.2024 Ein Tag im El Arrayan

Es hat die ganze Nacht gewindet. Ich habe die Sterne bewundert, die hier fast noch greifbarer waren als in Cerro Castillo. So einen Sternenhimmel können wir bei uns kaum einmal sehen. Später gab es einen kurzen Stromunterbruch, genau dann, als ich ins Badezimmer wollte. Zuhause kann ich mich gut im Dunkeln orientieren, aber hier war ich ziemlich verloren. Bis mir dann in den Sinn kam. dass ja das Handy eine Licht hat. So konnte ich doch noch Zähne putzen etc. Als ich dann ins Bett stieg, war das Licht prompt wieder da. Am Morgen windet es weiter und die Sonne lacht vom Himmel. Duschen, Haarewaschen, zwar alles für die Katz, denn heute abend werde ich von unseren Staubfahrten wieder völlig verstaubt sein. Ist halt so hier. Wir fahren dann hinauf ins Valle Manga am gleichnamigen See vorbei, immer weiter. Durch lichten Wald, es geht auf und ab, hier und da hat es Kühe, sonst ist es einfach grün und schön. Irgendwo, hat Ruedi das Gefühl, dass wir hier vielleicht Schwierigkeiten bekommen mit dem Auto ohne 4x4 und wir stellen es auf die offene Wiese und machen und zu Fuss auf den Weg. Allerdings wird es mir schon bald mal zu heiss. Kein Schatten, auf einem erdigen Staubweg, einfach tippeln, das getippelt ist, macht auch Ruedi nicht an. So gehen wir zurück zum Auto und wandern über die Weide, auf einem Weg, der mal vor Jahren einer war, unter Bäumen und mit wenig auf und ab. Sehr angenehm und erholsam. Irgendwo hat's dann mal eine kleine Herde Kühe, die uns anglotzen, der Weg verliert sich, aber wir gehen weiter und stossen schon bald wieder auf so einen überwachsenen Weg. Beim Vorbeigehen kommen wir in die Nähe eines riesigen Stiers. Bin froh, dass er bloss aufsteht und davon trottet. So spazieren wir weiter, bis es nur noch kleine Trampelpfade hat, die steil hinauf gehen. Dazu haben wir keine Lust und kehren um. Wir fahren doch weiter, da Ruedi den Weg angeschaut hat und meint, dass es kein Problem geben sollte. Irgendwo wird es dann doch ein wirklich schlechter Weg und Ruedi beschliesst, dass die der Punkt zum umkehren ist. Die Aussicht dort ist grandios. Ich freue mich, dass wir es doch bis hierher geschafft haben, wir hätten etwas verpasst. Zurück im Häuschen isst Ruedi eine Nektarine und ich ein Stück Pie de Limun, das ich gestern bei Ricardo gekauft und mit genommen habe. So gut. Anschliessend möchte Ruedi nochmals die Strasse, die zur verlassenen, ziemlich vergammelten Mine führt fahren. Es ist schön dort hinten, und während Ruedi die Mine besichtigt, mache ich nochmals einen Spaziergang. Auf diesem Weg hat man immer wieder eine fantastische Sicht auf diverse Gletscher, ich wollte, ich könnte dort hin fliegen und die Gletscher aus der Nähe betrachten. Wir fahren zurück und genehmigen uns einen Apéro. Bald ist Nachtessenszeit. Es wird Lamm geben und dazu für Ruedi Bratkartoffenln, für mich nochmals ein Pastel de Choclo. So gut. Leider können wir auch heute nicht raus sitzen, der Wind ist zu stark und die Strasse, über der das Areal liegt ist einfach zu stark befahren, und jedes vorbeifahrende Auto wirbelt eine riesige Staubwolke auf, die über uns hinweg zieht. Das ist wirklich unangenehm. Die Leute hier stören sich nicht wirklich daran, sie sind es einfach so gewöhnt. Das war's für heute.
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6. 2.2024 Puerto Guadal nach Cochrane

Zu den letzten Sätzen von gestern, unsere Gastgeber stören sich sehr wohl daran, am Staub und scheinbar soll demnächst, also noch dieses Jahr, das Stück Strasse geteert werden, das unten durch führt und soviel Staub produziert. Ich wünsche ihnen, dass es zügig voran geht. Wir geniessen das Frühstück und plaudern nochmals ausgiebig mit Nadira und Paulo und am Schluss diktiert er mir noch das Rezept des Pastels. Ich freue mich schon drauf, es auszuprobieren. Dann fahren wir wieder auf der Strasse, auf der wir kamen bis ans Ende des Seezipfels und kommen damit wieder auf die Ruta 7. Dann geht's ein kurzes Stück am Lago Bertrand entlang, und bald darauf sind wir am Rio Baker. Seine Farbe ist fast noch extremer als die im Lago General Carrera. Er sieht aus, als hätte man Farbe hinein geschüttet. Beim Restaurant Konaiken halten wir für einen Kaffee an. Es ist eine so hübsche, gemütliche Stube, die Aussicht ist der Hammer, ein Ort zum sein. Dann geht's weiter bis zur Confluencia Rio Baker / Rio Neff. Hier fliessen pures Türkis mit Sediment beladenem, grauem Gletscherwasser zusammen, und direkt davor fliesst der Baker über eine Stufe, zwar kein Rheinfall, aber trotzdem spektakulär. Vom Parkplatz zum Aussichtspunkt direkt am Fluss führt ein Weg durch Büsche und Grasland. Hier ist es sehr trocken, auch die Abhänge links und rechts vom Fluss sind gelb/braun/ocker, durchsetzt von den Buckeln der Blümchen, die hier riesige Flächen bedecken, im Herbst können sie rot blühen. Das würde ich gerne sehen, dann müssen die Hänge knallrot sein (Neneo, und Neneo macho, im Netz hat's viele Fotos, aber es gibt keinen deutschen Namen.) Ab hier ist der Baker graugrün, je nach Wettter. Schon seit einiger Zeit sehen wir ein Strässchen auf der anderen Seite des Flusses. Eigentlich wollte Ruedi schon früher hinüber wechseln, aber da, wo uns das Tomtom durchführen wollte, gab's gar keine Strasse. Nun hat es ein Schild mit einer Strassennummer, also muss da unten eine Brücke sein. Wir biegen ab und kommen ein paar km weiter an eine Brücke. Daneben hat es auch ein Seilbähnchen, d.h. ein Metallgestell mit zwei Sitzen und ein Seil, das über den Fluss geht. Wir wissen nicht, ob es in Betrieb ist, aber es sieht brandneu aus. Aber für uns nicht nur wegen des Auto, das ja auch mit soll, keine Option, wir würden vor Angst in die Hose machen. Der Fluss zieht mächtig. Nun geniessen wir die Aussicht von der anderen Seite aus. Die Strasse geht weiter oben durch die Hügel, die Ruta 7 liegt teilweise weit unter uns. Ein Abzweiger weist nach Balsa Baker, hier gibt's also keine Brücke, sondern eine Fähre, die uns wieder auf die andere Seite bringt. 2 Autos haben Platz und es sieht abenteuerlich aus. Ruedi sagt, das sei eine moderne Fähre, für mich wirkt es wie anno dazumal. Wurscht, wir kommen gut hinüber, der Fährmann bedeutet mir, ich solle doch aussteigen um besser fotografieren zu können. Nach kurzer Zeit sind wir wieder auf der Ruta 7 und bald ist Cochrane in Sicht. Zuerst suchen wir unser Domizil, weit oben, weg vom Schuss, dann fahren wir ins Städtchen. Hier gibt es weniger zu sehen, als ich in Erinnerung hatte. Einige Supermercados, wovon einer den Namen verdient, die anderen sind einfach kleine 'Lädeli'. Wir spazieren über die Plaza de Arma, das Zentrum jeder Ortschaft hier. Ach, da hat's ein Tourist Office, das schauen wir uns mal von innen an. Ein nette junge Angestellte sitzt drin, aber irgend einen Prospekt oder so was ähnliches, gibt's auch hier nicht. Ja, wir sparen Papier, schauen sie, hier auf diesem Bild sind alle QR-Codes, die sie einscannen können, da bekommen Sie die gewünschten Informationen. Auf unsere Frage, wie das funktioniert ohne Internet, zuckt sie die Achseln, heutzutage sei das so, und wenn wir eine spezifische Frage hätten, werde sie nach einer Antwort oder einem Vorschlag suchen. Dass wir das nicht toll finden, kann sie nicht verstehen, hier sei das eben so, und das sei die Mentalität der Chilenen. Sie kann auch überhaupt nicht verstehen, warum wir nicht z.B. morgen einen Ausflug buchen können, weil unser Reiseplan das nicht zulässt, dass wir auf lange Hand hinaus geplant haben und überhaupt.... Alles in allem scheint es so, dass der Tourismus sich in erster Linie an den Chilenen orientiert und nicht an den Ausländern, die nicht eben wenig Geld ins Land bringen. Wir brechen jedenfalls den Besuch ab und gehen ins Museum, das wir auf dem Weg vorhin gesehen haben. Es ist sehr schön und liebevoll gemacht, aber es gibt viel zu lesen und zwar auf spanisch. Das Thema ist die Geschichte der Ortschaft und zeigt alte Geräte, die die Pioniere in Gebrauch hatten und dazu eben all die Erklärungen. Das Ganze ist gratis, wirklich toll. Inzwischen ist es Abend und wir suchen ein geöffnetes Restaurant. Das Angebot ist spärlich und wir landen in dem Lokal, wo wir auch das letzte Mal waren. Die Musik ist sehr laut (ich glaube inzwischen, dass es in Patagonien kein Restaurant ohne Musik gibt). Irgendwann frage ich einen der Jungs, ob die Musik wohl etwas leiser gestellt werden könnten. Sofort geht er darauf ein, und nun ist es wesentlich angenehmer hier. Gut genährt machen wir uns auf den Rückweg. Es fängt an zu nieseln, und als wir oben ankommen, giesst es in Strömen. Da haben wir ja Glück gehabt. Im Ferienhaus ist es kalt, zum Glück hat es einen Pellet-Ofen, aber der Raum ist sehr gross, da dauert es lange, bis es gemütlich wird. Bald sind wir im Bett, das nicht gerade ein Hit ist.....
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7. 2.2024 Cochrane nach Chile Chico via Paso Roballos

Am Morgen feuert Ruedi nochmals den Ofen an, dann packen wir unser Zeug und setzen unsere Reise fort. Es ist noch ziemlich früh für hiesige Verhältnisse, so dass wir im Ort genau einen Laden sehen, der geöffnet hat und kein einziges Café oder Restaurant, bis wir nach langem Suchen an einem Hotel vorbei fahren, wo man durch die grossen Fenster in den Speisesaal sieht. Ich gehe hinein und frage, ob wir hier wohl ein Frühstück bekommen ohne Hotelgast zu sein. Freundlich weist mir die Angestellte einen Tisch zu, und wir bekommen das Frühstück, das auch die anderen bekommen. Es ist für alle gleich, die Joghurt und Rührei sind optional :-) Spielt keine Rolle, wir sind sehr froh, dass wir überhaupt etwas bekommen. Auf dem Weg, den wir jetzt unter die Räder nehmen, gibt es keine Ortschaften und keine Läden, bestenfalls hätten wir vielleicht am Eingang in den National Park etwas essen können. Nun sind wir versorgt und müssen nicht mit leerem Magen 220km fahren. Zuerst geht es zurück bis zum Zusammenfluss Rio Baker / Rio Chacabuco, wo wir ins Valle Chacabuco abbiegen. Das Wetter ist inzwischen strahlend und wir sehen, dass die Berge über Nacht eine weisse Mütze bekommen haben. D.h. hier hat es wohl bis auf knapp 1000m hinunter geschneit. Die Temperatur ist auch ziemlich frisch. Es ist relativ grün, aber wohl vor allem, weil die Hänge dicht bewachsen sind mit Neneos und dazwischen sandiger Boden. Ab und zu hat es Seelein, die aber ziemlich verlandet oder mit einem Schilfgras zugewachsen sind. Den Eingang in den Park lassen wir rechts liegen und halten Ausschau nach einer Möglichkeit zum uns bewegen. Ein Schild verspricht den Sendero(Wanderweg) Huemul. Schon kurz danach ist der Abzweiger und wir müssen einem schmalen Strässchen bis zum Parkplatz folgen. wir sind direkt neben der Laguna la Pepa. Der Wanderweg führt aber den Berg hinauf. Manchmal etwas steiler, dann wieder flacher, durch Gebüsch und krüpplige, oft tote Bäume. Je höher wir kommen, je schöner wird die Aussicht, aber bis wir wirklich über die gegenüber liegenden Hügel schauen könnten, müssten wir noch weit den Berg hinauf. Und der Weg soll etwa 11km lang sein, das ist uns definitiv zu weit, zumal Ruedi ja noch eine lange Strecke auf anstrengender Strasse zu fahren hat. Aber wir sind zufrieden, die Aussicht von oben über den See und den Abfluss, der ein richtiges sattgrünes Sumpfgebiet bildet, ist wirklich schön. Kein Mensch, kein Auto ist uns bisher begegnet, und wir sind nun doch schon einige Kilometer unterwegs. Manchmal ist der Fluss in Sichtweite, dann wieder nicht. Aus dem Fluss wird ein lustig sprudelndes Bergflüsschen, das Tal ist mal weiter, mal enger, aber nie schmal. Irgendwann kommen wir zum chilenischen Zoll und 10km weiter folgt der argentinische Zoll. Beides geht locker und mit Geplauder vonstatten. Nun geht's den Passo Roballos (750m) wieder hinunter, die Landschaft wechselt, weil hier überall gelbe Grasbüschel die sandigen Abhänge bedecken. Bizarre Felsformationen und lustige Sandsteingebilde machen, dass es nie langweilig wird. Übrigens hat es seit wir von der Ruta 7 in Chile abgebogen sind immer wieder Guanacos auf und neben der Strasse. Sie sind nicht scheu, grasen weiter oder schauen, was da läuft, im Gegensatz zu den Schafen, die immer verschreckt davon springen, wenn wir in die Nähe kommen. Manchmal stehen oder liegen sie einzeln herum, mal sind es ganze Herden. Inzwischen fahren wir dem Rio de los Nieves entlang, auf der anderen Seite des Tales ist Chile und es gäbe dort wohl viele Wanderwege, denn auch das gehört zum Nationalpark. Nun kommt auch Der General Carrera See wieder in Sicht, das heisst, Chilo Chico, unser heutiges Ziel, ist nicht mehr weit weg. Erst mal Aus- resp. Einreise Argentinien - Chile. Hier ist es wesentlich umständlicher. Unser Gepäck muss durch den Scanner, wir müssen endlose formulare ausfüllen (alles für Chile) dabei waren wir bloss vor einigen Stunden ausgereist und nun kommen wir wieder hinein. Na ja, es ist nun mal so. Noch ein paar Kilometer und wir sind im Hostal de la Patagonia. Auch hier waren wir schon. Es wird von einer ursprünglich belgischen Familie geführt. Der Garten ist auch jetzt wieder wunderschön, die alten Geräte, die von den Grosseltern mitgebracht oder hier hergestellt wurden, stehen immer noch herum, kurz, es ist gemütlich, einladend und charmant. Herzliche Begrüssung, das gleiche Zimmer wie vor 5 Jahren. Was uns sehr betrübt, ist, dass es keine Mahlzeiten ausser Frühstück mehr gibt. Corona hat auch hier Spuren hinterlassen. Schade, wir erinnern uns gerne an das feine Znacht von anderen Mal. Nachdem wir unser Zeugs hinein geholt haben, fahren wir ins Kaff hinein, schauen ein bisschen, was sich verändert hat. Z.B. steht jetzt ein riesiges, noch nicht ganz fertiges Spital. Unsere Gastgeberin ist aber nicht glücklich darüber, denn scheinbar ist trotz der grösser kein besseres Leistungsangebot da. Es sehe einfach toll aus. In einem Restaurant mit lokaler Küche und, einmal mehr, aufmerksamer, freundlicher Bedienung, bekommen wir ein sehr gutes Nachtessen. Zuvor trinkt Ruedi einen Drink, dessen Namen ich vielleicht morgen wieder weiss, meiner heisst Terremotto (Erdbeben) und beides ist mega gut, aber meiner (Grösse Bierhumpen) fährt so richtig ein. Zum Glück fährt Ruedi, ich könnte definitiv nicht. Heute hat mich auch Ruedis Erkältung, die er schon ausgestanden hat, so richtig gepackt. Ich niesse, die Nase ist rot vom putzen und ich habe Halsweh. Also ab ins Bett. Eigentlich wollte ich ein Pretuval nehmen, aber jetzt getraue ich mich nicht mit dem Apkoholpegel, der immer noch hoch ist. Guet Nacht.
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