58 Bericht 004

58 Reiseberichte

2024 Patagonien

Reisebericht Nr. 4


2. 2.2024 Cerro Castillo nach Rio Tranquilo

In der vergangenen Nacht, war ich ein paar Mal wach und habe zum Fenster hinaus geschaut und bemerkt, dass es massenhaft Sterne zu sehen gibt. Also wollte ich die mit meiner Kamera fotografieren, aber der Display blieb einfach nur schwarz. Daraufhin habe ich mein Handy genommen und auf Nacht eingestellt, die Arme abgestützt, und es gab tolle Fotos. Komisch, dass es mit der Kamera nicht möglich war. Am Morgen ist es schon etwas trüb und etwas später schüttet es bei heftigem Wind. Die Bäume werden so richtig durch geschüttelt. Hoffentlich hört es wieder auf, bis wir unser Gepäck ins Auto bringen müssen. Ruedi macht uns Rühreier und Toast, dazu trinken wir Nescafé. Wie das so üblich ist in Chile. Dann räumen wir zusammen und Ruedi lädt alles ins Auto und ab geht's. Die Strasse ist über Cerro Castillo aus geteert und so ist es nicht weiter schlimm, durch den Regen zu fahre. Schon nach etwa 12km beginnt der Rippio und aus dem Regen verwandelt sich in Bindfäden. Unglaublich, wie es schüttet, dazu fegt der Wind über die Strasse und bringt das Auto zum Schlittern. Es hat erstaunlich viel Verkehr, also alle paar Minuten ein Auto. Und tatsächlich tauchen jetzt im Vollschiff 2 Velofahrer auf. Puh, die tun mir echt leid. Aber genau das gehört zu Patagonien. Wenn man das nicht erträgt, darf man nicht durch Patagonien strampeln. Mir gefällt es definitiv mehr im Auto. Nach ein paar Kilometern tauchen nochmals zwei so Angefressene auf. Der oder die eine scheint ein Problem mit der Kette oder so zu haben. Und das Verrückte an der Sache, 10 Minuten später fahren wir in strahlendem Sonnenschein. Die vorbeifliegenden Seen sind nun statt grau wieder tiefblau, es hat plötzlich wieder Berge links und rechts, bloss der Wind hat sich nicht gelegt. Bis hierher war die Strasse ein stetes rauf und runter, vor uns fahren zwei Busse, und einige Autos, die sich nicht trauen zu überholen. Ich könnte das auch nicht. Auf der einen Seite der Bus, auf der anderen die Gefahr, im Schotter ins Schleudern und damit im Graben zu landen. Nach und nach überholt Ruedi alle und wir können wieder in normalem Tempo fahren. Inzwischen sind wir im Valle Rio Murta und damit nicht mehr weit vom Lago General Carrera und unserem heutigen Ziel Rio Tranquilo. Aber bevor es soweit ist, machen wir noch Halt in einem mit Café angeschriebenen Haus. Es sieht zwar geschlossen aus, aber da ist ein Mann am Sachen umher schleppen und das scheint auch der Betreiber des Cafés zu sein. Wir sollen reinkommen, er habe geöffnet. Und so macht er uns einen Kaffee und fragt nach unserem Woher und Wohin, so entwickelt sich ein interessantes Gespräch über frühere und heutige Verhältnisse und plötzlich ist eine gute halbe Stunde vorbei und wir verabschieden uns. 10 Minuten später treffen wir in Rio Tranquilo ein, finden auf Anhieb das Hotel Exploradores, wo wir für zwei Nächte bleiben werden. Das Zimmer ist riesige, die Möblierung spärlich, aber sonst ist es ok. Inzwischen schüttet es wieder, aber nach 5 Minuten ist es wieder fast sonnig. Nachdem wir uns eingerichtet haben, machen wir noch eine Runde durch's Dorf. Zum Glück haben wir Jacken mit Kapuze, denn es tropft schon wieder. Im örtlichen Mercado finden wir die Instantsuppen, die ich schon in den anderen Geschäften gesucht habe. Diese Maissuppen gibt es bei uns nicht, und die sind echt gut, wenn man rasch etwas Warmes in den Magen braucht. Noch ein Spaziergang an den See, wobei uns ein Hund begleitet. Plötzlich hat man einen Begleiter, der die längste Zeit nicht mehr von der Seite weicht und ebenso plötzlich verschwindet er wieder. Sie sind nicht aufdringlich, sie belästigen Dich nicht, sie sind einfach hier und brauchen vielleicht einen Moment lang menschiche Gesellschaft?? Wir beschliessen, in den uns schon bekannten Restaurant abendessen. Ruedi mit patagonischem Lamm, ich nehme einen (riesigen) Teller Pasta mit Gemüse versetzt an einer peruanischen Sauce. Sehr fein, bloss viel zu viel. Anschliessend tippeln wir ins Hotel, und um 9 schläft Ruedi schon, und auch ich werde demnächst in Bett verschwinden. Die Nächte sind so zwar lange, und ich bin um 2 oder 3 eine Stunde oder länger wach, wenn ich am Abend lesen will, schlafe ich dabei ein. Also, was solls.
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3. 2.2024 Ein Tag in Puerto Rio Tranquilo

Der Tag beginnt strahlend und nachdem Ruedi die geforderten Formulare für den Paso Roballo ausgefüllt und übermittelt hat (besser schon jetzt, wir wissen ja nicht, was punkto Internet auf uns zu kommt. Hier ist es im Moment gut und schnell), fahren wir zu einem der Restaurants, wo wir ein Frühstück bekommen. Dann aber los ins Valle Exploradores. Die Strasse ist nicht geteert und im untersten Teil wird gearbeitet, so dass die Durchfahrt behindert ist. Die Strasse ist in akzeptablem Zustand, aber wenn ich mir vorstelle, dass die Leute da in Kleinbussen an die Bahia Exploradores gekarrt werden (2 - 2 1/2 Std, 91km geschüttelt, nicht gerührt), dann per Boot zur Lauguna San Rafael (1.15h), dann vielleicht 20 - 30Min auf der Laguna um den Glaciar San Rafael zu sehen, eventuell einen Eisabbruch zu erleben, was wirklich spektakulär ist, und dann die ganze Reise zurück nach Puerto Tranquilo. Nein danke, auch nicht mit versprochenem 11Uhr (once) Imbiss, Zmittag und vielleicht noch Zvieri, das lockt uns überhaupt nicht. Statt dessen fahren wir gemütlich ins Tal hinein, geniessen die tolle Aussicht und halten immer mal wieder an, um, vor allem ich, Fotos zu machen. Nach etwa 1 1/2 Std erreichen wir den Parkplatz, von wo aus der Weg startet zum Aussichtspunkt des Exploradores Gletschers. Wir sind nun im Nationalpark San Rafael und es hat einen Ranger hier, der den Eintritt kassiert, Erklärungen abgibt und alle möglichen Fragen beantwortet. Auch Toiletten stehen zur Verfügung. Eine knappe halbe Stunde dauert der Weg durch den wunderschönen, grünen und dichten Wald. An verschiedenen Stellen hat es Holzstege und Treppenstufen. Aber mit Ruedis repariertem Herz schaffen wir den Aufstieg problemlos. Wäre vor 5 Jahren nicht denkbar gewesen. Die Aussicht auf den Gletscher ist toll. Vor ein paar Jahren kam er bestimmt ein ganzes Stück näher an den Aussichtspunkt. Wir geniessen die Aussicht für uns ganz allein, machen Fotos und kehren dann vergnügt an den Ausgangspunkt zurück. Anschliessend fahren wir noch weiter bis an die Bahia Exploradores, von wo aus die Leute zur Laguna San Rafael starten. Der Fluss ist milchig und lockt nicht zum Baden. Diverse Barken liegen bereit, eine Gruppe wartet darauf, dass die Fahrt losgeht. Von hier aus gibt es keine Gletscher zu sehen, aber das wussten wir schon vorher. Wir spazieren ein bisschen umher und machen uns dann auf die Rückfahrt. Wir wollen ja noch in der Cafeteria La Nutria einkehren. Vor 5 Jahren haben wir sie entdeckt, als wir auch zum Aussichtspunkt wollten. Damals wurden wir aber abrupt gestoppt, als die Strasse plötzlich im See verschwand. Eine Steinlawine hatte kurz zuvor die Strasse und den Bach daneben derart verschüttet, so dass ein grosser See entstand, der eben die Strasse im Wasser verschwinden liess. Aber wie wir nun bei der Cafeteria ankommen, ist das Tor geschlossen und nirgends ein Schild, ob, resp. wann wieder jemand da sein würde. Grosse Enttäuschung, wir hatten uns so gefreut auf diesen Besuch. Tja, so fahren wir eben weiter ohne Pie de Limun. Weiter unten gibt es an der Baustelle wieder einen Halt. Dieses Mal dauert es aber länger. Während wir warten, merkt Ruedi, das wir hier, Musk sei Dank, Internet haben, und so schaue ich nach, ob es eine Website vom Café gibt und finde eine Telefonnummer. Ruedi ruft an und es meldet sich die Frau vom Betreiber, die erklärt, Ihr Mann sei im Dorf unten, es sei bestimmt bald wieder zurück. Ich erkläre, dass wir schon zu weit weg sind, aber morgen würden wir gern kommen, ob das ok sei. Ja natürlich, sie werde ihren Mann informieren. Zurück im Hotel geniessen wir eine Dusche und spazieren später ins gleiche Restaurant wie gestern. Die Bedienung ist heute schon fast familiär und das Essen auch wieder sehr gut. Schon gegen sieben Uhr sind wir zurück und, da das Netz ausgefallen ist, lesen wir noch ein bisschen und sind dann früh im Bett, sogar ich. Fenster aufmachen geht heute nicht, da sind zwar keine Mücken, aber der Wind ist derart heftig, dass es deftig hinein bläst, so als ob ein zweites Fenster offen stände und es deshalb Durchzug gibt. Es knarrt im Gebälk und es pfeift um die Ecken, aber schlafen wird kein Problem sein.
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4. 2.2024 Frühstück im La Nutria und Fahrt nach Puerto Guadal

Am Morgen ist der Wind noch genau so heftig wie gestern Abend. Trotzdem wir so früh schlafen gingen, stehen wir erst kurz vor 8 auf. Ruedi schlägt sich noch mit den Fotos rum. Sein Fotoapparat zickt. Um halb zehn machen wir uns auf den Weg ins La Nutria. An der Baustelle müssen wir wieder warten obwohl es Sonntag ist und wir annahmen, dass heute nicht gearbeitet wird. Aber es wird. Aber um eine Viertelstunde Verspätung müssen wir uns in Chile keine Sorgen machen. Wenn man hier zur abgemachten Zeit erscheint, ist man dem Gastgeber fast eine Erklärung schuldig, warum man so früh da ist. Dieses Mal ist das Gatter offen und aus der Küche winkt Ricardo. Er empfängt uns herzlich und freut sich wirklich über unseren Besuch. Wir bestellen ein Frühstück und dann kommt ein interessantes Gespräch in Gang. Wir kommen vom einen zum anderen, reden dann über die Zustände in Chile und die Politik hier. Er erzählt uns von seiner Jugend in der Nähe von Santiago de Chile, dass er Ingenieur in einer grossen amerikanischen Bude war, seine Frau Lehrerin an einem Gymnasium, und dass beide vor 9 Jahren die Arbeit hischmissen, um noch ein Leben zu führen, das nicht aus täglich 4 Stunden Arbeitsweg, Arbeit bis abends um 7 Uhr etc., besteht. Es ist so interessant, dass die Zeit wie im Flug vergeht. Es ist schon 1 Uhr, als wir aufstehen und uns verabschieden. Ricardo sagt uns, dass wir, falls wir wieder kommen, in seinem quasi privaten Gastzimmer herzlich willkommen seien. Er und seine Frau würden sich freuen. Zu sagen ist noch, dass sie gar nicht da war, sondern in Santiago wegen familiären Angelegenheiten. Ja, das war ein sehr bereichernder Morgen und wir sind einmal mehr froh, dass wir beide genug spanisch können, um solche Gespräche führen zu können. Es ist ein ganz anderes Reisen, wenn man sich in der Landessprache unterhalten kann. -- Die Fahrt nach Puerto Guadal verläuft ohne Vorkommnisse. Wir fahren auf ungeteerter Strasse, es ist trocken und entsprechend wirbelt der herrschende Verkehr viel Staub auf. Wir fahren fast die ganzen 120km am oder über dem Lago General Carrera, wie er in Chile heisst. Auf der argentinischen Seite heisst er Lago Buenos Aires. Die Farbe dieses Sees schmeisst mich immer wieder um, ich könnte alle paar Minuten anhalten und ein Foto schiessen. Es ist so unglaublich, wie der See, auch wenn es Wolken hat, seine türkis Farbe behält, immer mal mit dunkelblauen Stellen oder Streifen, aber Grundfarbe ist türkis, leuchtend, faszinierend, berauschend. Soll ich noch ekstatischer schreiben??? Haha, hoffe, ich langweile niemanden, aber es ist kein muss, mein Geschreibsel zu lesen, jede/r darf..... Schon etwa um drei Uhr sind wir am Ziel. Im 'El Arrayan' werden wir wie alte Freunde empfangen. Pablo kann sich gut daran erinnern, dass Ruedi starkes Nasenbluten hatte und er uns deshalb ins örtliche Ambulatorium schickte. Als wir vor 5 Jahren hier waren, war alles neu, teilweise noch nicht ganz fertig. Heute hat es noch ein Häuschen mehr, im Restaurant fühlt man sich wohl und man sieht, hier wird viel Herzblut und Arbeit investiert. Wir sind froh, dass wir hier sind. Die Aussicht auf den See ist famos, bloss der Wind ist ein bisschen Spielverderber. Wir haben keine Lust auf einen Spaziergang, sondern sitzen im Restaurant (dort hat's Netz, in den Häuschen nicht), sortieren Fotos und ich schreibe noch den Bericht von gestern und heute. Um 7 Uhr bekommen wir ein tolles Nachtessen. Ein zartes Stück Fleisch (Rind, wir haben bloss eines bestellt, nachdem wir hörten, dass es Stücke von ca. 200g sind, zuviel). Ruedi nimmt dazu Risotto mit Morcheln, ich bekomme ein Pastel de Choclo. Eine Art Auflauf mit frischen gekochten, gehackten Maiskörnern. Ich liebe es, und das gibt es bei uns nirgends, jedenfalls nicht dass ich wüsste. Dann noch ein hausgemachtes Himbeersorbet (mit selbstgepflückten Himbeeren) für Ruedi und für mich Dulce de Leche-Glace, ebenfalls hausgemacht. Es ist schön zu sehen, wie die Leute es geniessen, wenn es den Gästen offensichtlich schmeckt und sie zufrieden sind. Draussen sieht es aus, als ob es demnächst regnen würde. Ruedi hat sich schon ins Häuschen verzogen, ich verschicke noch ein paar Fotos, dann gehe ich auch hinüber. Nun ist es bald halb 12 und ich verabschiede mich auch. Guet Nacht....
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