58 Bericht 002

58 Reiseberichte

2024 Patagonien

Reisebericht Nr. 2


28. 1.2024 Yelcho en Patagonia nach La Junta

Wir sind schon vor 8 Uhr wach und nach ausgiebiger Dusche bewegen wir uns Richtung Frühstück. Nebst Käse, Schinken, Konfi und Toast bekommen wir noch feines Rührei. Anschliessend bringen wir unser Zeug ins Auto und gehen noch rasch zum See hinunter. Es ist wirklich sehr schön, aber die Temperatur scheint nicht meinen Vorstellungen zu entsprechen. Als ich mich gestern erkundigt hatte, ob man schwimmen könne, sagte mir der junge Mann, selbstverständlich, und auf die Frage, wie das Wasser sei, sagte er, wunderbar. Als mir das nicht reichte, meinte er, etwa 14°. Ich verdrehte die Augen und er wollte sich fast totlachen. Das sei wirklich schön warm. Na ja, jetzt freuen wir uns an der Aussicht und fahren dann los Richtung La Junta. Die Strasse führt nicht am See entlang, sondern durch Wald. Darüber zeigen sich die Berge, mal näher, mal etwas weiter entfernt, mal schroff felsig, mal schneebedeckt. Hie und da hat es Gletscher. An den Strassenrändern leuchten die Fuchsien, die in voller Blüte sind. Irgendwann wird es bergiger, es hat gelbe Wiesen und selbstverständlich werden wir ständig von den riesigen Mammutblatt, begleitet, ähnlich wie unser Rhabarber aber viiiel grösser. Irgendwann erreichen wir die Stelle, wo die Katastrophe der riesigen Schlammlawine im Dezember 2017 ihren Beginn hatte. Nach enormen Regenfällen und einem Abbruch eines Gletschers ergoss sich eine immense Lawine aus Dreck, Felsen, Eis ins Tal hinunter und löschte die Hälfte der Ortschaft Villa Santa Lucía im Tal unten aus. Von der Strasse aus sieht man auch jetzt noch die ganze Verwüstung, sowohl dort, wo alles begann, als auch in Santa Lucía selbst. Ich bin erstaunt, dass sich auch jetzt nach 7 Jahren die Vegetation noch kaum erholt hat. Unten in der Ortschaft ist es wieder mehr oder weniger grün, aber die toten Baumstrünke stehen gut als gut sichtbares Mahnmal in der Landschaft. Wir halten dieses Mal nicht an. Später fahren wir entlang des Rio Frio. Die Landschaft ist auch hier waldig, von Weiden unterbrochen, auf denen Kühe viel Platz haben und wohl ein schönes Leben führen. Auch hier sind Schneeberge und Gletscher links und rechts zu sehen. Unterwegs halten wir in einem kleinen Restaurant, das wir schon auf unserer ersten Reise 2016 kennen lernten. Damals bloss ein Hüttchen mit zwei Tischchen drinnen und draussen, heute eine überdachte Terrasse, wo mehr als 10 Leute Platz finden. Aus dem kleinen Mädchen, das damals in der Küche herum wuselte, ist ein Teenager geworden, aber die freundliche, einladende Atmosphäre ist geblieben, genauso wie die super gute, merenguierte Zitronenpie. Einige Kilometer vor unserem nächsten Ziel zweigen wir von der Carretera Austral ab, auf ein kleines Schottersträsschen. Valle Mirta steht auf dem Wegweiser. Es ist wunderschön und noch einsamer als vorher, aber auch hier sieht man ab und zu einen Bauernhof, Ziegen, Kühe, Schafe. Das Tomtom zeigt keine Strasse mehr an, wir fahren quasi im Nichts. Irgendwann taucht ein See auf. Wir hoffen, dass wir ans Ufer können, aber der Weg, der hin führt ist mit einem Zaun und einem 'Privat-Schild' versehen. Etwas später kommt uns ein Motorrad entgegen. Der Fahrer fragt, ob wir wüssten, wie man zum See kommt und ist genauso enttäuscht wie wir, dass dies nicht möglich ist. Er kann uns dafür sagen, dass wir der Strasse weiter folgen können, dass aber eine sehr schmale Brücke kommt, von der er nicht sicher ist, ob wir da drüber können. Wir beschliessen, es zu versuchen, und es geht, notfalls hätte man ja die Rückspiegel einklappen können. Bald kommen wir wieder zurück auf die grosse Strasse und damit auch nach La Junta. Unser Hotelzimmer ist noch nicht bereit, denn wir möchten lieber eines im ersten Stock, als da für uns vorgesehene im Parterre. Also machen wir uns zu Fuss auf durchs Dorf, verschmachten fast in der sengenden Sonne und sind froh, dass wir nach einer Weile dann doch ins Zimmer können. Es ist winzig, ohne Sitzgelegenheit ausser man sitzt auf's Bett. Wir sind etwas enttäuscht, aber wir können es nicht ändern. Um sieben beschliessen wir, dass wir uns einen Apéro genehmigen und der ist sehr gut. Die Menükarte erscheint uns erst etwas mager, aber die Fish and Chips von Ruedi und mein Burger sind sehr gut. Die junge Frau, die uns bedient, ist sehr freundlich, macht auch brav die Musik etwas leiser, und so gehen wir anschliessend zufrieden schlafen.
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29. 1.2024 La Junta bis Villa Amengual

Der Morgen beginnt mit tiptopem Frühstück. Statt des üblichen O-Saft frischen Himbeersaft und selbstgemachte Himbeerkonfi. Sehr fein. Dann geht unsere Reise weiter. Bis Puerto Puyuhuapi, wo wir schon zweimal waren, ist die Strasse geteert und in gutem Zustand. Am Strassenrand blühen violetter und manchmal auch weisser Fingerhut. Teilweise ist es flächendeckend violett neben uns. Sieht toll aus. in Puyuhuapi fahren wir durchs Dorf, seit dem letzten Mal wurde wieder ziemlich gebaut. Das Hotel, wo wir die letzten Male waren, gibt es nicht mehr. Es gehörte einer deutschstämmigen. Sie hat uns damals gesagt, dass sie das Haus, das ihre Vorfahren gebaut hatten, verkaufen wolle, dass sie ihre Zeit mit anderem, als Gäste betreuen, verbringen wolle. Das Haus ist in gutem Zustand, sieht aber unbewohnt aus. Wir fahren weiter und freuen uns auf einen eventuellen Kaffee in der Terme, die etwas weiter südlich ist. Leider verpassen wir sie. Die Vegetation am Strassenrand ist derart dicht und hoch gewachsen, dass die Gebäude nicht mehr zu sehen sind. Na, dann vielleicht beim National Park Ventisquero Colgante, dem hängenden Gletscher, den wir bei der ersten Patagonienreise besucht hatten. Leider hat sich die Situation betreffs Öffnungszeiten der Pärke in Chile völlig verändert. Alle sind nun am Montag geschlossen und überall heisst es, man sollte Tickets vorher im Internet kaufen. Auch das keine Restaurant noch vor dem Parkeingang ist geschlossen und zwar dauerhaft. Schade. Inzwischen ist es mehr bewölkt und da und dort fallen ein paar Tropfen, aber es ist trotzdem schön, hier zu sein. Es geht nun wieder aufwärts und die Vegetation ist fast urwaldartig. Die Strasse ist nicht mehr geteert, die Fahrerei mutet manchmal abenteuerlich an. Ruedi geniesst es. Zum Glück hat es nicht wirklich viel Verkehr, so dass der Staub selten die Sicht auf längere Zeit trübt. Auf der Passhöhe Portezuelo Queulat hat es einen grossen Parkplatz und ein Wanderwegschild zum Lago Quetro. 2km ist angegeben. Da wollen wir hin. 2 Engländer kommen as der angegebenen Richtung. Wir fragen, wie der Weg ist und sie meinen, das Ziel sei nicht spektakulär, aber der Weg dorthin toll. Wie durch Urwald, mit viel Vogelgezwitscher und riesigen Hummeln und anderen Tierchen begleitet. Angesprochen auf ihre ziemlich nass aussehenden Schuhe, erzählen sie, dass es sehr matschig und sumpfig sei. So blasen wir den Spaziergang ab. Auf derart triefende Schuh sind wir nicht erpicht. Vielleicht können wir uns ja etwas später im 'bosque encantado' bewegen. Doch der ist nun gar nicht mehr signalisiert. Das erste Mal hatten wir die Hinweise verpasst und das letzte Mal fanden wir die Schilder, aber es hatte Informationstafeln, die besagten, dass der Weg wegen Unwetterschäden vorübergehend geschlossen sei. Wir wollten uns das damals näher anschauen, aber nach ein paar 100 Metern war klar, dass es gefährlich wäre. Jetzt ist kein Schild und kein Parkplatz mehr zu sehen, was beweist, dass offenbar nicht mehr mit einer Wiederherstellung dieses Waldes zu rechnen ist. Schade, wir hätten diesen verwunschenen Wald sehr gerne kennen gelernt. Wieder im Tal sind wir von weidenden Kühen und Pferden umgeben. Links und rechts sind die Schneeberge und Gletscher fast greifbar nahe und irgendwann erreichen wir das winzige Häuschen am Strassenrand, wo wir vor Jahren zwei Schulmädchen angetroffen hatten, die dort Kaffee und Sandwiches anboten, während sie nebenbei ihre Schulaufgaben erledigten. Nun hängt ein Schild hinter der Scheibe, mit dem Hinweis, dass 'sie' sich im Haus befänden und man sich dort doch melden solle. Wir beschliessen, dass wir dies nicht tun, sondern unser Glück im vis à vis entstandenen Café versuchen. Wir sind die einzigen Gäste und werden freundlich mit Kaffee und etwas Süssem dazu versorgt. Wir fragen, wohin der draussen angegebene Weg hinführe und wie weit es sei. Von der Antwort befriedigt, machen wir uns auf die Socken und finden einen mit gelb angemalten Steinen markierten Wanderweg, der zum Rio Cisnes führt. Während wir im Wald von oben die Aussicht bewundern, werden wir von einem herunter springenden jungen Mann erschreckt. Er entschuldigt sich, dann lacht er und meint, ihr seid doch die Leute, die gestern in Hotel Yelcho waren, er sei doch Sebastián von der Rezeption. Natürlich, der Argentinier, der uns das schön warme Wasser anpries. Er hüpft die Felsen hinunter zum Fluss, dass mir fast schlecht wird. Die junge Frau, die dabei ist, bleibt lieber dort, wo wir sind. Ist doch schon lustig, wie man sich wieder trifft. Wir gehen noch etwas weiter zum Aussichtspunkt, wo noch uralte Seile von einer verschwundenen Hängebrücke der Pioniere zu sehen sind. Auf dem Rückweg können wir den Spaziergang noch etwas verlängern, indem wir dem Fluss noch ein Stück weiter folgen, bevor wir wieder zu Auto zurück gehen. Es war wirklich sehr schön. Nun sind es nur noch ein paar Kilometer nach Villa Amengual und damit zu unserer nächsten Unterkunft im Casona del Bosque. Nach dem freundlichen Empfang und nachdem wir unsere Bagage ins Zimmer gebracht haben, wollen wir uns nochmals etwas die Beine vertreten. Wir sollen doch ins Dorf hinauf, das sei hübsch, sagt uns die Vermieterin. Leider müssen wir der Strasse nach laufen, einen Spazierweg gibt es nicht. Schade. Im Dorf gibt es nichts zu sehen und es ist ziemlich heiss. So wandern wir wieder zurück, und ich mache noch ein Kreuzworträtsel der Coopzeitung. Schliesslich könnte ich ja endlich mal eine Geschenkkarte gewinnen, hahaha. Um 7 genehmigen wir uns ein Glas Weisswein mit einem Schuss Calafatesirup. Anita, die Besitzerin, Köchin, Bedienung in einer Person, ist ganz überrascht, dass man sowas macht. Anschliessend bekommen wir Poulet mit Reis und Gemüse. Dann schreibe ich noch den gestrigen Reisebericht und um 10 Uhr verschwinden wir ins Zimmer. Zum Glück hatte mir die früher anwesende Angestellte gesagt, dass es gegen Abend viele Mücken habe, und ich das Fenster gescheiter nicht öffnen soll. Als ich, Ruedi schläft schon, dann auch unter die Decke will, sehe ich, dass das Fenster schwarz von Viechern ist. Iiiihh, mir wird fast übel, zum Glück hat mich die nette Frau rechtzeitig aufgeklärt. Im Zimmer ist auch so einiges unterwegs, so dass ich das Handtuch zweckentfremde und zur mehrfachen Insektenmörderin werde. Ich bin ziemlich entnervt, habe das Gefühl, dass ich mit dem geschlossenen Fenster kein Auge zutun werde, dass mir in der Nacht die Vicher übers Gesicht trippeln werden und überhaupt.... Schäme mich natürlich auch gleich dafür, dass ich so tütelig bin..... Na ja, bin halt so. Geschlafen habe ich wirklich nicht gut. Mal ist mir zu kühl mit dem dünnen Leintuch, dann mit der Decke habe ich das Gefühl vor Hitze zu explodieren. Me het's nit liecht, aber liecht het's eim.....
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