56 Bericht 007

5. 9.2022 Von Bras d'Or nach Chéticamp
La Plage St. Pierre Campground

Zum Abschied vom Bras d'Or Lake, verhüllt sich die Sonne heute morgen.
Wir fahren schon vor 8 Uhr los, quer über die Hügel Richtung Saint
Lawrence Golf. Die Wolken vor uns sind immer dunkler und hängen tief
hinunter und schon regnet es, allerdings nur leicht und kurz. Auch hier
ist es grün und es hat da und dort eine Farm. Kühe oder Pferde sehen
wir aber keine. Dann und wann drückt die Sonne, aber gleich regnet es
wieder. - So ein Mist, im Camper hat es eine gierige Mücke, dauernd
höre ich ihren giftigen Ton und muss um mich schlagen. Schwierig sich so
zu konzentrieren. So, zwei gibt es nicht mehr und im Moment ist Ruhe -
Wir passieren Third Lake O'Law, dann Second und irgendwann First Lake
O'Law. Bei so vielen Seen, wie es hier gibt, kann ja nicht jeder seinen
eigenen haben, also werden sie kurzerhand nummeriert. Etwas weiter
folgen wir dem Northeast Margaree River, der dann zusammen fliesst mit
dem als Southwest Margaree River angeschriebenen Fluss. Dies allerdings
nur als er noch ganz klein und dünn ist (auf der Karte), dort, wo er
breiter ist, steht auf der Karte kein Flussname mehr, dafür steht da
'MacDonnell Pool' etwas weiter 'Peter Gillis Pool', dann 'Collins Brook',
Collins Pool, Camerons Pool usw. usw. und erst gerade bevor er ins
Meer mündet heisst er lapidar Margaree River. Uns knurrt langsam der Magen.
Bis jetzt haben wir noch kein offenes Restaurant oder etwas ähnliches
gesehen, doch kurz nach Margaree Harbour werden wir fündig. Glücklich
steigen wir aus und sind gespannt, was im Angebot ist. Drinnen ist es
fast noch kälter als draussen. Während der Fahrt zeigte das Navi immer
14°, hier 16. Die Klimaanlage läuft, und nicht etwa zum heizen. Dazu
ist noch einer von 2 Fans an der Decke in Betrieb. Zum Glück haben wir
Jacken an. Ruedi bestellt sich ein Omelette mit Toast und ich geniesse
meine ersten Pancakes seit Langem. Wunderbar. Zurück im Auto geniessen
wir es, dass wir heizen können. Nun folgt die Strasse mehr oder weniger
der Küste. Die Namen der Ortschaften sind französisch, denn hierher
hatten sich die Franzosen zurückgezogen, nachdem die Engländer, die
später auf Cape Breton landeten, sie von der südlichen Küste vertrieben
hatten. Immer wieder halten wir an, um die Aussicht zu geniessen.
Wir beschliessen, dass wir erst zum uns empfohlenen Skyline Trail
fahren und uns erst anschliessend um den Campground kümmern. Doch als
wir dort sind, sieht es gerade wieder nach Regen aus. Wir suchen nun
doch erst einen Platz für heute Abend, vielleicht kann man ja dort
auch noch einen Spaziergang machen, falls der Regen doch ausbleibt.
Der erste CG, den wir anfahren, nimmt Camper nur bis 21 Fuss, wir sind
länger. Der nächste ist bloss für Zelte. Es gibt noch einen im Highlands
Nationalpark, aber irgendwie wären wir lieber am Meer. So fahren wir ein
Stück zurück und werden auf der Ile de Chéticamp fündig. Unser CG heisst
La Plage St. Pierre, die Anlage ist etwas in die Jahre gekommen. Der
Empfang ist geschlossen, denn heute ist Memorial Day und ausser Souvenir
und Touri-Ramsch-Läden, ist so ziemlich alles geschlossen. Auf dem
Zettel an der Tür steht, man soll sich einen Platz aussuchen und dann
morgen bezahlen. Wir nehmen den einzigen Platz mit Meersicht, haben aber
irgendwie ein komisches Gefühl dabei. Ich gehe rund ums Haus herum und
finde eine offene Tür, allerdings ist es die Waschküche. Eine Frau
sortiert gerade ihre Wäsche und es stellt sich heraus, dass sie hier
angestellt ist. Sie ist bereit, im Büro nachzuschauen, ob der von
uns belegte Platz wirklich frei ist und zwar für zwei Nächte. Er ist
und so richten wir uns ein. Das Wetter scheint trocken zu bleiben und
so machen wir einen kurzen Abstecher an den Strand, aber irgendwie
lockt es uns nicht, durch den Sand zu stapfen. Lieber gehen wir ein
Stück oben auf der Strasse. Doch direkt vis à vis vom Zeltplatz führt
ein Pfad in den Wald hinein. Dem folgen wir und irgendwo stossen wir auf
einen etwas breiteren Weg mit einem verblichenen Schild, das dies ein
Aussichtsweg sei. Super, das ist doch genau das, was wir wollten. Es
geht zwar hinauf, aber nicht steil und dann sind wir schon auf einem
Plateau. Bäume hat es nur noch vereinzelt, aber dafür wild überwachsene
Wiesen und einen tollen Blick aufs Meer. Geradeaus stösst man an die
steil abfallenden Felswände zum Meer hinunter. Vorsichtig ein Auge werfen.
Nix für mich, da müsste ich mich flach auf den Boden legen, um richtig
hinunter zu schauen. Aber der Weg führt nun in leicht hinunter
zu zwei sich im Bau befindenden Häusern. Neben dem Bauplatz kommen
uns zwei Leute entgegen, die vom Strand, der unter uns liegt, hinauf
kommen. Sie machen uns auf die schwimmenden Robben aufmerksam, die
vor den hohen Felsen, die ins Meer hinein ragen, schwimmen. So schön.
Wir kommen ins Plaudern mit den beiden und spazieren dann gemeinsam
zur Strasse hinunter, wo sie in ihr Auto steigen und wir selbst gemütlich
zum Camper zurück wandern. Ruedi sagt, er kocht und ich packe mein Dusch-
zeug und suche das Dusch- und WC-Häuschen. Inzwischen riecht es gut
in Ruedis Küche. Erst noch en Apéro, dann gibt es feine Teigwaren, Hack-
steak und Salat. -- Ruedi schläft und ich bin fertig mit dem heutigen
Bericht von einem schönen Tag.

Track
Plage St. Pierre

 


6. 9.2022 Ein Tag in Chéticamp

In der Nacht hat es geregnet und heute Morgen ist der Himmel verhangen
und schon bald regnet es wieder. Wir beschliessen, dass wir Chéticamp
näher anschauen, vielleicht ins Touristoffice gehen und auf jeden Fall
dort im örtlichen Waschsalon unsere Bettwäsche waschen. Bis wir losfahren
hat es schon abgetrocknet und als wir hinter dem Hügel, der unsere Sicht
Richtung Festland beschränkt, hervor kommen, begrüsst uns ein blauer
Himmel und eine fantastische Aussicht über den schmalen Streifen Wasser
zwischen der Insel und Chéticamp. Es wirft uns fast um. Der Wetterbericht
verheisst immer wieder Regen für heute, und so machen wir trotz Sonne
erst mal unsere Einkäufe im örtlichen Co-op, suchen anschliessend
den Waschsalon und schmeissen unser Zeugs hinein. Auch hier nur kaltes
Wasser. Aber dafür dauert ein Waschgang ca 50 - 60 Minuten. Wenigstens
steht es so auf dem Zettel dort. Wir lassen das Auto stehen und gehen
zurück zum Restaurant, in das wir heute Abend gehen wollen, weil es
dort erstens feines 'Acadian' Essen geben soll, zweitens, weil im
Infoheft steht, dass an manchen Abenden Life Musik aus der Gegend ge-
spielt wird. Das Schild vor dem Lokal zeigt uns, dass genau heute keine
Musik spielt. Wir spazieren noch durch den örtlichen 'Billigladen'
denn zum draussen bleiben ist es schlicht zu kalt. Der Wind bläst mächtig.
Unsere Wäsche ist schon fertig und muss nun noch in den Trockner. Noch
einmal gehen wir raus, nun in die andere Richtung und hier hat es ein
Restaurant, das heute 'Fiddelmusic' verheisst. Das passt noch besser.
Hier auf Cape Breton Island lebten erst mal Franzosen, vor allem aus
der Bretagne, der Normandie und dem Poitou. Sie wurden von den Engländern
vertrieben und in Kriegen besiegt und dann ziemlich drangsaliert,
deportiert etc. Hier ganz im Nordwesten der Insel konnten sie scheinbar
bleiben, darum sind hier viele Namen französisch, die Strassen sind
z.B. 'chemin Barren road' angeschrieben, und sehr viele Leute können
französisch. Allerdings ist es ziemlich anstrengend zum Verstehen.
Inzwischen ist es ein Uhr, weder Sonne noch Wind sind verschwunden,
so fahren wir zum Ausgangspunkt eines Trails, den man uns als relativ
flach und sehr schön beschrieben hat. Genau so ist es. Hier ist der
Wind nicht so bissig und wir spazieren gute 20 Minuten zu einer früheren
Gipsmine, heute ein See, umgeben von hohen Felsformationen und Wald.
Wunderschön. Nun bin ich mir doch reuig, dass ich meine Badehose nicht
mit genommen habe. Das Wasser scheint relativ warm zu sein, sogar ein
indisches Pärchen wagt sich hinein. Nachdem sie ein paar Züge geschwommen
ist, versucht er es auch, Hundeschwumm und kurz bevor er wieder abstehen
kann, säuft er beinahe ab. Mit Hilfe seiner Partnerin schafft er die
letzten zwei Meter zum rettenden Ufer. Mir ist nicht klar, ob er das
inszeniert hat oder ob er echt ein Problem hatte. Jedenfalls hocken sie
nun wild lachend dort. Ganz hinten im Weiher hat es an einem steilen
Hang Seile, mit deren Hilfe die Mutigen hinauf klettern und dann aus
etwa 5, 6 Meter Höhe hinunter springen. Wäre nichts für mich. Es ist
wirklich ein sehr schöner Flecken, und nach einer Weile wandern wir
zum Camper zurück und fahren zum CG, weil Ruedi noch unter die Dusche
und ich in dieser Zeit unser Bett wieder anziehen will. Das ist eine
richtig schweisstreibende Angelegenheit... Später fahren wir nach
Chéticamp zurück. Im Le Gabriel werden wir nett empfangen und bekommen
einen Tisch à l'americaine. Wir sitzen wie im Zug zwischen zwei
Wänden auf kunststoffüberzogenen Bänken. Das Licht ist schummrig. Na ja,
die Tische, die nicht an der Wand sind, scheinen nur für 4 Leute ver-
geben zu werden. Die Speisekarte ist ziemlich lang. Wir bestellen erst
einen Pinot grigio zum Apéro, und als erstes für Ruedi eine franzö-
sische Zwiebelsuppe und für mich einen Seafoodchowder (dicke Suppe
mit Fisch und anderem aus dem Meer). Der Wein kommt sofort, aber die
Vorspeisen sind auch schon hier, nachdem wir gerade mal angestossen haben.
Tja, die ticken einfach anders hier. Dann bekommt Ruedi ein Striploin
Steak mit home made Pommes Frites und ich habe mich dann doch für
Seezunge mit einem baked potatoe entschieden, beides wird von grünen
Bohnen begleitet. Es schmeckt uns gut, bloss wieder zu viel. Aber das
hingegen ist ja nicht nur hier so. Zum Dessert sind nur eine grosse
Auswahl an Kuchen- oder Tortenstücken im Angebot, oder dann Vanilleglace.
Ruedi gefällt nichts, ich ein Stück Turtlecake, einfach weil der gut
aussieht. Ich kann nicht sagen, was ich da gegessen habe, aber es war
ein guter und feuchter Kuchen, irgendwie Caramel getränkt. Kaffee gab es
keinen richtigen, also keinen. Nachdem die Musik im andern Lokal erst
für 8 Uhr angesagt ist, sitzen wir noch einen Moment im Auto an der
Wärme. Der Wind hat nämlich nicht nach gelassen. Dann gehen wir hinein
und stehen eine Minute später enttäuscht wieder draussen. Die Musik
würde uns gefallen, aber die Lautstärke, nein danke. Da müsste man sich
Stöpsel rein machen. Was denken die sich bloss, wenn sie eine Fiddel
derart verstärken?? Ja, das war ein Reinfall und so fahren wir zurück
zu unserem Schlafplatz. Ruedi liest, ich schreibe...

Track
Skyline Trail

 


7. 9.2022 Von Chéticamp nach Sunset Sands RV Park

Der Tag verspricht wieder schön zu werden, der Wind hat etwas nach ge-
lassen. Trotzdem frühstücken wir drinnen, es ist einfach noch zu frisch
draussen. Nachdem wir alles verräumt haben, fahren wir einmal mehr
durch Chéticamp und weiter nach Norden. Dort, wo der Highlands Natonal-
park beginnt, wird es hügelig. Die Strasse macht rasante Auf- und Ab
stiege und dann windet sie sich etwa 400 m hinauf, links und rechts
dichter, grüner Wald an steilen Hängen, das Meer haben wir im Rücken.
Beim Parkplatz nochmal ein Toilettenbesuch, wir wissen nicht, ob es
unterwegs die Möglichkeit gibt, hinter Bäume zu verschwinden..
Wir sind nicht alleine hier, Junge und Alte, viele Asiaten und Inder.
Die meisten schlagen ein flottes Tempo an, wir nehmen es etwas gemächlicher.
Es ist immer noch ziemlich frisch, so dass wir unsere Jacken anbehalten,
aber mir wird es schon bald zu warm damit. Der Wind bläst mässig, aber
das ist eher angenehm, denn die Sonne ist stark und der Weg ist mal
von Bäumen beschattet, dann wieder ganz in der Sonne. Die Landschaft
ist wunderschön, links und rechts krüpplige Kiefern? ein paar Laubbäume,
viel Gebüsch und Wiesen, mit struppigen Gräsern und halb verwelkten
Blumen. Das eine sind eine Art kleine violette Astern, die andern
ähnlich aber weiss. Auch etwas wie Schafgarbe wächst hier. Alles ziemlich
vom Wind, der hier mächtig sein kann, zerzaust. Nach etwa 1 1/2 km führt
der Weg durch eingezäuntes Gebiet, hier wird aufgeforstet.. Ein Holzturm,
bloss einstöckig, lädt zu einer schönen Rundsicht ein. Bänke, immer schön
unter Bäumen, gibt es allenthalben. Der Weg ist gut unterhalten, dort
wo es etwas sumpfig wird, ist ein ganzes Stück Holzsteg, damit der
empfindliche Boden nicht vertrampelt wird. Ja, das können sie, die Nord-
amerikaner. Die Aussicht wird spektakulär, als das Meer tief unten
auftaucht. Hier geht man auch wieder auf Holzstegen, die man, auch wegen
der Sicherheit nicht verlassen darf. Plattformen mit Bänken laden zum
Verweilen ein. Es ist fantastisch. Mit dem Feldstecher entdecke ich,
dass die kleinen Schaumkronen auf dem Wasser nicht einfach vom Wind
kommen, sondern dort unten tummeln sich irgendwelche Säuger (nehme ich
an). Ich kann sie nicht erkennen, mein Glas ist nicht so stark, aber
es ist klar, dass das nicht Forellen sind, haha.
Man könnte weit hinunter gehen, von Plattform zu Plattform, aber
Ruedi möchte nicht und ich verzichte auch, da noch ein langer Weg vor
uns liegt, von dem ich nicht weiss, ob er anstrengender ist, als der
voran gegangene. Wir könnten den gleichen Weg zurück, aber ich will
lieber den ganzen Bogen machen. Und dafür werden wir über mindestens
einen Kilometer mit dieser fantastischen Aussicht auf den Gulf of Saint
Lawrence belohnt. Die Vegetation auf der andern Seite dieses Bergrückens
ist etwas anders. Es hat mehr Laubbäume, zerzauste Birken, die Wiesen
ziemlich verdorrt, viele sonnengebleichte, fast strohige, Gräser.
Und dann wird es so richtig heiss. Ein langes Stück Weg liegt in der
prallen Sonne, die Hitze macht mir mehr zu schaffen als Ruedi. Aber
die Landschaft entschädigt mich voll. Trotzdem sind wir froh, als wir
zurück beim Parkplatz sind. Der letzte Kilometer auf Asphalt ist schlimm.
Aber was für eine tolle Wanderung. Alles in allem 10 km, das hätten wir
früher nicht möglich gewesen mit Ruedis Herzproblemen. Wir sind sehr
dankbar.
Nun fahren wir wieder nach Süden, meist der Küste entlang, Farmen mit
grossen Weiden sind hier häufiger. Nach etwa 100 km finden wir einen CG
am Meer. Wir freuen uns auf eine Dusche, doch das ist hier leider ein
grosses Wort. Man muss einen $ einschieben und dann tröpfelt erstmal
eine Weile kaltes Wasser aus dem verkalkten Duschkopf, bevor es warm
wird. Na ja, es lässt sich nicht ändern. Nun sitzen wir als krönenden
Abschluss vorne am Strand und geniessen den schönen Sonnenuntergang
bevor wir zum Znacht Resten wärmen und mit Toast und Käse aufrunden.
Dann mache ich noch die Migros- und Coopzeitungs- Rätsel. Zum Glück
funktioniert das Netz hier einigermassen. Ruedi versucht einen Fehler
auf dem Laptop zu eliminieren. Bis ich fertig 'gnoderet' habe, ist
es halb eins, Ruedi träumt längst.

Track
Sunset Sands RV Park

 


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