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3. 1.2019 Puerto Cisnes nach Coyahique

Am Morgen ist alles ganz ruhig im Haus. Unten im Restaurant sind alle Rollos unten, denn es ist ja geschlossen. Auf enem Tisch steht alles bereit für unser Frühstück. Aber woher nehmen wir Kaffee? Auf einem Ofen hat's zwar in einem Kessel heisses Wasser, aber Kaffeepulver? Wäre auch da gewesen haben's bloss nicht gesehen. Aber wir haben uns einfach an die Kaffeemaschine gemacht, haben in der Küche frisches Wasser eingefüllt, und nach ein bisschen drücken hier und dort blubbert Kaffee in unsere Tassen. Anschliessend packen wir unser Zeugs und fragen uns ernsthaft, wie es weiter geht. Wir sollten ja noch bezahlen und zwar mit Karte. Aber noch bevor wir ganz startbereit sind, tönen Stimmen in der Küche. Die beiden Köchinen von gestern bereit wohl das Mittagessen vor. Auf unsere Frage, wie wir bezahlen können, zeigen sie ein ratloses Gesicht. Aber zum Glück gibt's ja ein Telefon und bald steht eine junge Dame da, die weiss, wo das Gerät ist und wie es funktioniert. Bei leichtem Regen, Nebel und Wind verlassen wir unser Domizil und fahren erst mal zur Bank, wo Ruedi Geld wechseln kann. Karte ist längst nicht überall akzepiert. Oft werden 'efectivos' verlangt. Anschliessend suchen wir nochmals das Kunsthandwerklädeli auf, aber leider ist auch jetzt die Türe verschlossen. Ich gehe in das Hostal nebenan und frage dort, ob sie etwas über ihre Nachbarin wissen. Die freundliche Frau lacht breit, zückt ihr Handy und gibt ihr bestes, aber niemand meldet sich. Etwas enttäuscht wollen wir losfahren, im letzten Moment sehe ich hinter uns, dass die Frau vom Hotel winkt wie wild. Sie sagt, dass die Nachbarin sich sofort auf den Weg macht. Nach bloss 5 Minuten oder so kommt eine junge Frau, atemlos (nicht durch die Nacht!) braust sie auf ihrem Fahrrad heran und entschuldigt sich tausendmal dafür, dass sie nicht anwesend war. Nun zeigt sie uns ihr Atelier. Da steht eine Maschine für Linoldruck und Litho. Damit werden Stoffe bedruckt, die dann zu Kissenüberzügen, Schürzen, T-Shirts und Taschen verarbeitet werden. Wunderschön. Wir kaufen ein und die junge Künstlerin freut sich. Nun verlassen wir das graue Puerto Cisnes und fahren wieder das Tal hinauf, durch das wir gestern gekommen waren. An der Kreuzung, wo gestern die Pfadfinder waren, ist heute nichts los, das Kaffiwägeli fehlt. Der Weg Richtung Coyhaique führt uns wieder durch waldiges, hügeliges Gebiet. Aber die Vegetation verändert sich, statt dem violetten Fingerhut zieren nun Lupinen den Strassenrand, oft ist es einfach ein durchgehend blaues Band. Der Regen hört auf und die Sonne versucht sich durch die Wolken zu kämpfen. Wir fahren durch ein Tal, an das wir uns noch vom letzten Mal erinnern. Hier kommt doch das kleine Häuschen mit den Mädchen, die, während sie Schulaufgaben machen, Kaffee und Sandwichs usw. verkaufen. Und tatsächlich, schon von weitem sehen wir das Büdeli. Und wieder sind die 3 Mädchen da, allerdings darf man wohl kaum mehr Mädchen sagen. Sie sind jedenfalls fröhlich und sehr freundlich und ihr Kaffee und das Sandwich ist ebenso gut wie letztes Mal. Einige Kilometer folgen wir dem Cisnes bis die Strasse den Fluss verlässt und in ein anderes Tal führt. Bis hinauf zum Lago Torres. Links und rechts hohe Berge, man hat das Gefühl sich in einer hochalpinen Gegend zu befinden, aber am höchsten Punkt waren wir auf ca. 360m ü.M. Wir fahren über ein weites Hochplateau. Da und dort ein See(li), Kühe und Schafe, ab und zu mal Pferde auf den Weiden. Siedlungen hat es kaum, da und dort eine Estancia. Nebst den Lupinen hat es noch Ginster, das ergibt ein tolles Farbenspiel. Der Himmel ist inzwischen fast wolkenlos und die Temperatur etwa 18°. In Villa Mañihuales gibt es einen kleinen See, es sieht aus, als wären wir im Oberengadin. Breites Hochtal, grün und bunt die Wiesen, links und rechts hohe Berge, über uns stahlblauer Himmel. Bloss die Bäume, die weit hinauf wachsen, lassen erkennen, dass wir uns eben doch nicht auf 1800m oben befinden. Nach einem Kaffee fahren wir zum Weiher und stellen das Auto auf den grossen Parkplatz. Scheinbar ein beliebter Ort, auf dem Wasser schaukeln tatsächlich ein paar Pedalos, die man mieten könnte. Wir hoffen, dass es einen Weg um den See gibt, aber leider ist dem nicht so. Dafür spazieren wir dem Fluss nach durch blumenübersäte Wiesen bis ein Gatter zu einer Pferdeweide den Weg versperrt. Es ist nicht klar, ob man weiter dürfte oder nicht, drum kehren wir zum Auto zurück und setzen unsere Fahrt fort. Nach weiteren 70km könnten wir auf einer grossen Strasse Coyhaique erreichen, aber Ruedi möchte der Carretera Austral folgen. Ungeteert, staubig, aber was für eine prachtvolle Gegend. Nun sind nicht nur die Strassenränder mit Lupinen übersät, nein, es sind riesige Flächen, die uns blau entgegen leuchten. Wir können uns fast nicht satt sehen und müssen immer mal wieder anhalten und geniessen (und, natürlich, fotografieren). Gegen 6 Uhr treffen wir in Coyhaique ein und finden unser Bed and Breakfast auf Anhieb. Das Haus ist riesig und hat sicher Platz für 20 Gäste. Unser Zimmer ist auf einer Seite edel, andrerseits find ich es etwas arg asketisch. Zwar gibt es eine abgetrennte Dusch-/WC-Zelle und einen offenen Platz, wo sich Lavabo und ein Regal befindet. Im Zimmerteil, der riesig ist, befinden sich ausser den 2 Betten bloss ein unschönes Nachttischchen und ein zusammengezimmertes Brettergestell, auf dem der Fernseher steht. Aha, und noch einen Stuhl gibt es. Betonung auf ein. Es reicht ja, wenn einer sitzen kann.... Ruedi will wissen, ob die Dusche funktioniert und lässt darum das Wasser laufen. Aber es will und will nicht warm werden. Nun gut, wir wollen grad noch nicht duschen. Vielleicht klappt's ja später. Wir laufen bis zur Plaza de Armas, die uns noch vom letzten Mal bekannt ist. Viel los ist hier aber nicht. Dafür gibt's das Restaurant, wo wir vor 3 Jahren waren, immer noch. Es ist auch dieses Mal sehr voll, aber nachdem wir traurig drein blicken, hat der Chef ein Erbarmen und begleitet uns zu einem Tisch. Ruedi bestellt einen Mojito und ich einen Campari Orange, anschliessend eine Pizza mit Lammfleisch und Koriander drauf und ein Risotto mit Pilzen. Beides ist sehr gut. Die 1000 Oliven in meinem Risotto (hab ich nicht gesehen auf der Karte), wandern auf Ruedis Teller. Bekomme dafür von seiner Pizza, mmmmhhhh, schmeckt herrlich nach Koriander. Zurück im Zimmer ist das warme Wasser jetzt verfügbar und Ruedi räkelt sich unter der Dusche. Ich verschiebe das auf morgen.
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